Beispiel einer Lebensgeschichte
Als Nicht-Salzburger und NichtAdventsinger und daher NichtKenner der genauen Gegebenheiten um Tobi Reiser möchte ich trotzdem einige Details aus der Lebensgeschichte meiner Mutter erzählen.
Sie war in den 20ern eine ebenso unbedeutende wie ehrgeizige Theater-Schauspielerin in Norddeutschland und wollte (wie die Kolleginnen auch) auf die Besetzungsliste in einem kleinen, unbedeutenden Singspiel. „Da müssten Sie aber in die Partei eintreten!“, empfahl der Direktor, und da meine Mutter in den 20ern noch nichts von Konzentrationslagern, Vernichtung der Juden und Massenhinrichtungen an und hinter der Front wusste und sich eher für Hebbel als für Hitler interessierte, trat sie in die Partei ein – sie bekam die Rolle. Einige Jahre später – wieder im heimatlichen Wien – verlor sie ein Engagement wegen „ärgerniserregenden jüdischen Aussehens“– und das trotz „Ariernachweis“!
Das Fazit: Es gab sicherlich Tausende, die schuldhaft und bösartig in den wirren Kriegsjahren agierten, Menschen quälten und umbrachten und mit vollem Recht die Strenge des Gesetzes erleben mussten.
Es gab aber sicherlich auch Tausende, die nichtsahnend und voller falscher Illusionen dem Rattenfänger Hitler folgten, der dann später entsetzliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit beging.
Wie gesagt – ich kann zur Person Tobi Reiser nichts sagen. Aber ich kann in der Lebensgeschichte meiner Mutter kein Verhalten entdecken, das nach einer „Verurteilung“in irgendeiner Form verlangen würde. Axel Melhardt