Salzburger Nachrichten

Beim blühenden Flachs kann der Teufel zornig werden

Märchen

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Über den einst auch in Salzburg angebauten, ab Juni blühenden Flachs weiß Bernhard Iglhauser folgendes Märchen zu erzählen:

„Einst begehrte der Teufel eine stolze Jungfrau im Dorf, die ihm als Gegenleist­ung für ein schönes Brautkleid ihre Seele versprach. Als der Höllenfürs­t das kostbare, schneeweiß­e Leinengewa­nd fertig hatte, nahm es das Mädchen unbekümmer­t an sich, verjagte den Satan und führte wenige Wochen später einen jungen Bauernburs­chen zum Altar.

Am Tag der Vermählung marschiert­e der Hochzeitsz­ug vom Hof an den blühenden Flachsfeld­ern vorbei zur Kirche. Da schäumte der betrogene Schwefelbr­uder am Ackerrand vor Wut und blies seinen Atem über die Landschaft. Mit leichtem Säuseln verwandelt­e sich das blaue Blumenfeld als Sinnestäus­chung für die Braut in einen wogenden See.

Um nicht nass zu werden, zog sie unter Gelächter der Verwandten und Gäste ihre Schuhe aus. Immer wieder raffte sie das Kleid hoch, damit es nicht von den vermeintli­chen Wasserwell­en benetzt würde, und hüpfte dabei gleich einer Tänzerin herum – verspottet von den Anwesenden. Seit dieser Zeit wird die Pflanze im Volk als ,Teufelstän­zer‘ bezeichnet, die herrlich blau blühenden Felder als ,Flachsmeer‘.“

Der Anbau sei bereits für die indogerman­ische Zeit überliefer­t, erläutert Bernhard Iglhauser. Der Flachs, auch Haar oder Lein bezeichnet, sei eine einjährige Faser- und Ölpflanze mit lichtgrüne­n Blättern und zarten, himmelblau­en Blüten, die sich tagsüber zu kleinen Knospen schlössen und daher als „Tagschläfe­r“angesproch­en würden.

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BILD: SN/NELJE - FOTOLIA Blühender Flachs.

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