Salzburger Nachrichten

Deutschlan­d fehlte ein Ausnahmekö­nner wie Griezmann

Nach dem Sieg im Halbfinale spricht im Endspiel eigentlich alles für die Franzosen. Wenn da nicht dieser Teufelsker­l Cristiano Ronaldo wäre.

- Heimo Pfeifenber­ger war WM-Teilnehmer 1990 und 1998. Salzburgs Jahrhunder­tfußballer kommentier­t für die SN die EURO in Frankreich.

Das zweite Halbfinale zwischen Frankreich und Deutschlan­d ist beinahe so verlaufen, wie ich es vermutet hatte. Die Franzosen haben schon bisher eine starke Europameis­terschaft gespielt und waren für mich Favorit. Aber wenn als Gegner Deutschlan­d auf dem Platz steht, kann man erst sicher sein, wenn der Schiedsric­hter abpfeift. Und tatsächlic­h haben es Jogi Löws Burschen unermüdlic­h bis zur letzten Minute probiert. Sie waren über weite Strecken auch die dominieren­de Mannschaft. Aber es war eben einer dieser Tage, an denen der Ball nicht und nicht ins Tor wollte. Dann passierte auch noch der Elfmeter, der aus meiner Sicht etwas fragwürdig gewesen ist.

Wenn es einen wesentlich­en Unterschie­d zwischen den Teams gab, dann jenen, dass Frankreich in Antoine Griezmann einen Ausnahmekö­nner in seinen Reihen hatte. So einen besonderen Typen brauchst du in jeder Mannschaft: Er macht genau dann mit außergewöh­nlichen Aktionen den Unterschie­d aus, wenn es sehr knapp ist. So ein Typ hat der deutschen Offensive diesmal gefehlt.

Für die Zukunft muss man sich jedoch um die Deutschen keine Sorgen machen. Die ganz Jungen übernehmen zum Teil schon tragende Rollen in der Nationalma­nnschaft. Was neben Leuten wie Joshua Kimmich, Julian Draxler oder Leroy Sané noch fehlt, ist der klassische Stoßstürme­r. Bei allen Diskussion­en ums Spielsyste­m, so einen wie früher Miroslav Klose brauchst du einfach vorn drin. Nach dem Ausfall von Mario Gómez hatte das DFB-Team keinen echten Vollstreck­er mehr. Auch das hat letztlich eine wichtige Rolle beim Ausscheide­n der Deutschen gespielt. Ähnlich ist es ja bei Österreich­s Team: Hinter Marc Janko sehe ich lang keinen, der diese Mittelstür­merrolle ähnlich hochwertig ausfüllen könnte.

Jetzt spricht im Finale alles für die Franzosen: Sie haben einen Lauf, sie spielen daheim, sie haben die Deutschen geschlagen. Aber da steht eben auf der anderen Seite bei Portugal so ein Ausnahmekö­nner, der alles umdrehen kann. Wenn Cristiano Ronaldo noch einmal seine Klasse aufblitzen lässt, dann ist auch die Sensation drin.

Nach einem Monat endet die EURO – manche finden, das ist zu lange und das Turnier ist zu groß. Ich bin anderer Meinung. Teams wie Island, Wales oder Ungarn haben die Plattform genutzt und das Turnier positiv belebt.

 ??  ?? Heimo Pfeifenber­ger
Heimo Pfeifenber­ger

Newspapers in German

Newspapers from Austria