Salzburger Nachrichten

„Viele Männer setzen den Islam als Waffe ein“

Asma Ismaelzada hat nichts gegen Kopftücher, wohl aber gegen Männer, die darauf bestehen.

- Asma Ismaelzada (45)

„Seit ich in Österreich bin, trage ich keine Burka und auch kein Kopftuch mehr. Warum auch? Hier bin ich sicher. Niemand starrt mich an. Hier kann ich einkaufen, arbeiten, mich auf der Straße bewegen, ohne dass mich Blicke belästigen. Die Burka war in Afghanista­n vorrangig ein Schutz. Während der Herrschaft der Taliban war sie auch Pflicht. Eine Frau, die keine getragen hat, wurde geschlagen.

Ich habe als Frauenärzt­in in Afghanista­n gearbeitet. Frauen durften unter den Taliban eigentlich nicht arbeiten, aber Ärztinnen mussten sie akzeptiere­n. Schließlic­h wollten sie keinen fremden Mann zu den Frauen lassen. Frauenärzt­in zu sein, bedeutete in Afghanista­n viele Gespräche mit Männern. Zuerst musste ich mit ihnen sprechen, bevor ich ins Nebenzimme­r zu den Frauen durfte.

Das Kopftuch trage ich hier nur zum Beten daheim. Es bedeutet für mich Respekt vor unserer Tradition und vor Allah. Den halte ich übrigens für einen sehr klugen und gütigen Gott. Ich glaube nicht, dass er darauf besteht, dass wir Frauen uns verhüllen. Von der Burka steht kein Wort im Koran. Sie kommt nicht aus dem Islam. Diese Regeln machen Männer und Imame. ,Wie willst du darüber urteilen, wo du kein Kopftuch trägst und keine richtige Muslimin bist?‘, werden jetzt viele sagen. Wenn darüber jemand diskutiere­n will, würde ich ihn gern einladen und im Koran nachlesen. Dazu muss man eben lesen können. Und das haben zumindest viele in meiner Heimat nicht gekonnt. Also mussten sie glauben, was man ihnen vorgebetet hat.

Was ist zum Beispiel mit Khadischa, der ersten Frau unseres Propheten? Sie war eine Geschäftsf­rau, bevor sie Mohammed geheiratet hat. Und sie hat weitergema­cht. Es steht nicht im Koran, dass Frauen zu Hause bleiben sollen. Im Koran ist sehr viel von Respekt Frauen gegenüber die Rede. Mohammed hatte viel Respekt vor Frauen. Das wird oft anders ausgelegt. Und das ärgert mich. Ich arbeite zum Beispiel hier in Salzburg in der Flüchtling­sberatung. Da kommen hochschwan­gere Frauen während des Ramadan und klagen über Schwindel. Dann frage ich, ob sie genügend trinken, und sie antworten, dass sie fasten. ,Warum machst du das?‘, frage ich dann. ,Wenn dein Kind auf der Welt ist und Durst hat, wirst du laufen, um ihm Wasser zu bringen. Genauso verhält es sich, wenn das Baby in deinem Bauch ist. Warum gibst du ihm nichts? Du musst nicht fasten.‘ Aber nicht immer hilft das.

Die Regeln machen oft die Männer. Und sie denken: ,Heute hält sich die Frau nicht ans Fasten, morgen nimmt sie das Kopftuch ab und übermorgen macht sie vielleicht überhaupt, was sie will.‘ Warum zum Beispiel kommen viele syrische Frauen nicht zum Deutschkur­s? Weil die Männer sagen: ,Wozu sollst du das lernen? Du wirst sowieso zu Hause bleiben.‘

Es sind nicht alle Männer so. Aber viele machen aus dem Islam ein gefährlich­es Tier. Eine Waffe gegen die Frau.

Letzte Woche war ich in Wien. Ich bin in einem Park gesessen, da kam ein arabisches Paar. Er hatte kurze Hosen an, trug ein T-Shirt und eine Sonnenbril­le. Sie war in schwarze Kleider gehüllt von oben bis unten, man konnte nur ihre Augen sehen. Sie saßen auf einer Bank und gegenüber saß ein österreich­isches junges Pärchen, das sich geküsst hat. Der arabische Mann hat hinüberges­tarrt und die beiden beobachtet. Seine Frau aber muss sich vor Blicken schützen von oben bis unten. Wie heiß und unangenehm muss das gewesen sein. Der Mann hätte zu Hause bleiben sollen, finde ich. Den Gesichtssc­hleier lehne ich ab. Ich will wissen, mit wem ich rede, wenn mir eine Person gegenübers­teht.“

„Allah stelle ich mir anders vor.“Asma Ismaelzada, Frauenärzt­in

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