„Ich war einmal die Zukunft“
Der bisherige britische Premier David Cameron hat sein Amt aufgegeben. Seine Nachfolgerin Theresa May muss jetzt den EU-Exit organisieren. Mit Boris Johnson als Außenminister.
Mit launigen Worten hat sich Premierminister David Cameron am Mittwoch vom britischen Parlament verabschiedet. „Ich war einmal die Zukunft“, sagte er nach sechsjähriger Amtszeit unter großem Beifall der Abgeordneten. „Ich werde die Rufe der Menge vermissen, ich werde die Buhs der Opposition vermissen“, fügte er zum Abschluss einer überwiegend humorigen Fragestunde hinzu.
Cameron, der für den Verbleib in der EU kämpfte, gibt sein Amt wegen der schweren Niederlage beim Brexit-Referendum vom 23. Juni auf. 52 Prozent der Wähler entschieden sich für den Austritt aus der EU. Eine Mehrheit für den EU-Exit gab es in England und Wales; Schottland und Nordirland stimmten mehrheitlich für den Verbleib des Landes in der Europäischen Union. Cameron hatte das Referendum selbst initiiert. Cameron sagte zum Abschied, Großbritannien solle der EU auch künftig „so nahe bleiben, wie wir nur können“.
Cameron trat am späten Mittwochnachmittag mit seiner Familie aus dem Haus in der Downing Street Nummer 10 und richtete seine letzten Worte als Regierungschef an die Bevölkerung: „Es war die größte Ehre meines Lebens, als Premierminister gedient haben zu dürfen.“Dann fuhr Cameron zum Buckingham-Palast, um den formalen Akt zu beschließen. Bei Königin Elizabeth II. reichte er sein Rücktrittsgesuch ein, sie nahm dieses wenig überraschend an. Was Ihre Majestät wirklich über die vergangenen Wochen denkt, die von bitterbösen persönlichen Attacken, Intrigen und Lügen dominiert waren, bleibt ihr Geheimnis. Sie hält sich stets zurück und aus der aktuellen Politik heraus.
Nur kurze Zeit später erschien Camerons Nachfolgerin Theresa May mit ihrem Mann Philip zur ersten Audienz im Palast, auf die nun die traditionellen wöchentlichen Treffen folgen werden. Zum 12. Mal während ihrer Zeit auf dem Thron ernannte die Queen einen neuen Regierungschef.
Im Hofbericht über das Treffen zwischen der 90-jährigen Königin und der 59 Jahre alten May dürfte wie immer stehen: „Die Premierministerin hat bei ihrer Ernennung die Hände der Königin geküsst.“Die Briten bezeichnen die schlichte Zeremonie als „Kissing Hands“, doch anders als zu früheren Empire-Zeiten, als Premierminister noch als Zeichen der Unterwerfung und Loyalität zur Krone niederknieten und den royalen Kuss durchführten, genügt heute ein Handschlag zwischen der Monarchin und dem neuen Regierungschef.
Auf diese Weise beauftragte auch gestern das Staatsoberhaupt die designierte Premierministerin May mit der Regierungsbildung. Die wurde für den Abend mit Spannung erwartet . Und sie enthielt mit der Bestellung von Boris Johnson zum Außenminister, siehe Kasten, eine handfeste Überraschung.
Theresa May hat sich im Wahlkampf vor dem Referendum am 23. Juni ebenfalls für den Verbleib in der EU eingesetzt, aber nur sehr verhalten. Nun will sie die zerstrittene Tory-Partei einigen.
Wichtigste Aufgabe Mays wird es in den nächsten Monaten sein, den geplanten Austritt aus der EU zu regeln. Ein genaues Datum für den Beginn der formellen Austrittsverhandlungen gab May bisher nicht an – Brüssel mahnt aber rasches Handeln an. Zudem kommt es für die neue Premierministerin darauf an, negative wirtschaftliche Folgen des Brexit-Votums zu mildern. Bereits heute, Donnerstag, dürfte die Bank of England die Leitzinsen senken, um die lahmende Konjunktur anzukurbeln.