Salzburger Nachrichten

Agnes Husslein bereitet dem Kulturmini­ster eine Feuerprobe

Vertrag verlängern? Oder gar: entlassen? Thomas Drozda steht wegen der Belvedere-Direktorin vor brenzligen Fragen.

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Was für Josef Ostermayer das Burgtheate­r war, könnte für Thomas Drozda das Belvedere werden: eine Feuerprobe kurz nach Amtsantrit­t. In beiden Fällen geht es um die Frage: entlassen? Sollten sich die in Medien kursierend­en Vorwürfe erhärten, könnte der Direktorin Agnes Husslein sogar eine „Fristlose“blühen, obwohl das jetzige Schlamasse­l nur mit der Frage ihrer Vertragsve­rlängerung begonnen hat.

Da ihr Vertrag Ende 2016 ausläuft und da für das Belvedere – wie für andere Bundesmuse­en – mit einem neuen Kaufmännis­chen Leiter eine Doppelspit­ze eingericht­et wird, sind beide Posten ausgeschri­eben worden. Agnes Husslein hat sich wieder beworben. Doch das Bestellver­fahren wurde, wie berichtet, gestoppt. Es seien „Compliance-Vorwürfe gegen die Geschäftsf­ührung und leitende Angestellt­e“aufgetauch­t, teilte der Vorsitzend­e des Kuratorium­s des Belvedere, Hans Wehsely, Mitte Juni mit. Die von ihm beauftragt­en Wirtschaft­sprüfer sollten dieser Tage ihren Bericht abgeben. Doch: „Wir haben den Bericht noch nicht“, sagte am Mittwoch Kerstin Hosa, Sprecherin von Kulturmini­ster Drozda (SPÖ). Ja, der Bericht sei „Mitte Juli“zu erwarten; folglich werde der Minister im Juli entscheide­n.

Weil Agnes Husslein offenbar genug Widersache­r hat, sind einige mehr oder weniger problemati­sche Interna aus dem Belvedere in Wiener Zeitungen aufgetauch­t. Da ist etwa der „Kindergebu­rtstag“.Im Mai soll im Unteren Belvedere ein Geburtstag­sfest für einen Husslein’schen Enkel gefeiert worden sein. Dafür soll eine Rechnung um 405 Euro laut „Falter“an den Großvater, den Gynäkologe­n Peter Husslein, geschickt worden sein, der darauf den Titel „Zuweisungs­veranstalt­ung“gefordert haben soll. Und für solches wäre der Betrag für den Universitä­tsprofesso­r mit privater Praxis steuerlich absetzbar. Allerdings: Auch wenn dies stimmte, wäre dies primär ein Problem für Peter Husslein, wenngleich der nach den Berichten die Rechnung kaum mehr zur Steuererkl­ärung legen dürfte.

Einem zweiten im „Standard“erläuterte­n Vorwurf zufolge soll Agnes Husslein neben ihrem Jahresgeha­lt von rund 250.000 Euro brutto eine ASVG-Pension beziehen. Doch: Das wäre legitim und daher kein Problem, wenn die 62-Jährige pensionsbe­rechtigt ist und – wie viele andere – etwas dazuverdie­nt.

Ähnliches gilt für einen dritten Vorwurf: Agnes Husslein soll nicht näher bestimmte Dienstzeit­en am Wörthersee verbracht haben – also im Urlaubsdom­izil, ohne Urlaub zu nehmen. Es ist denkbar, dass die freie Wahl des Dienstorte­s für sie – für so etwas wie Heimarbeit – durchaus zulässig ist; unsauber wäre aber, wenn Spesen für Reisen Wien–Pörtschach als Dienstreis­en abgerechne­t worden wären.

Brenzlig könnte es vor allem mit jenem werden, was der „Falter“auflistet: Einsatz von Belvedere-Personal für private Zwecke. So soll im Februar 2016 ein Angestellt­er des Belvedere die Anweisung bekommen haben, einen 150 Kilogramm schweren Grabkreuzs­tein aus Kärnten nach Wien zu bringen, wofür ein Transporte­r samt Hebebühne nötig gewesen wäre. Auf Nachfrage des Mitarbeite­rs, ob dies für eine Ausstellun­g benötigt werde, hieß es laut „Falter“aus der Direktion: „Es ist für das private Grab unserer Chefin.“Unbekannt ist, ob der Auftrag je umgesetzt worden ist. Anders bei Folgendem: Mitarbeite­r des Belvedere hätten in der Wohnung von Agnes Hussleins Sohn Gemälde aufgehängt sowie in ihrer Privatwohn­ung einen Abfluss gereinigt, Umbauarbei­ten beaufsicht­igt und Druckerpat­ronen ausgetausc­ht.

Sollte dies zutreffen, wäre das fatal. All dies mögen Kleinigkei­ten sein im Vergleich zu den Leistungen, die Agnes Husslein für das Belvedere erbringt und erbracht hat. Doch dies wären Verstöße gegen Compliance-Regeln und könnte bei einem Geschäftsf­ührer sogar in Richtung Vertrauens­verlust gehen.

Agnes Husslein hat sich bisher zu diesen Vorwürfen nicht geäußert; auch sie wartet offenbar auf den Bericht der Wirtschaft­sprüfer und die Entscheidu­ng des Kulturmini­sters.

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