Das tragische Ende einer Karriere
Der Gründervater des Luftfahrtzulieferkonzerns FACC musste nach einem Betrugsfall gehen. Mit neuen Köpfen und vollen Auftragsbüchern wagt man jetzt den Neustart.
WIEN, RIED/I. Nach dem im Jänner aufgeflogenen Betrugsfall laufen beim oberösterreichischen Flugzeugzulieferer FACC die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Damals saugten Kriminelle gut 50 Mill. Euro von Firmenkonten ins Ausland ab. In gefälschten E-Mails war FACCMitarbeitern vorgegaukelt worden, sie würden Aufträge ihrer Chefs erhalten. Daher heißt diese Form der Cyberkriminalität auch „Fake President Fraud“(weil sich die Betrüger als Firmenchefs ausgeben).
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt nach wie vor ausschließlich gegen unbekannte Täter. Neben dem FACC-Fall, dem weitaus größten, geht es nach Auskunft der Behörde um gleichartige Betrugsfälle in sechs weiteren österreichischen Unternehmen. Es gibt Rechtshilfeersuchen an Polen, die Slowakei und mehrere asiatische Länder, aber noch keine Ergebnisse.
Dafür gab es einen neuen Betrugsversuch. Im Juni sei jemand „unter Vortäuschung falscher Tatsachen“an FACC-Mitarbeiter herangetreten – offenbar mit der Absicht, eine Beziehung aufzubauen wie vor dem Betrug im Jänner, sagt der interimistische FACC-Chef Robert Machtlinger. Diesmal aber ging der Versuch wegen erhöhter Achtsamkeit ins Leere. Machtlinger hat alle Hände voll mit der Schadensbegrenzung zu tun. Einerseits kämpft er um jene 10,8 Mill. Euro, die auf Konten „geblockt“sind. Der Großteil des Schadens, rund 42 Mill. Euro, wurden in der Bilanz des Geschäftsjahres 2015/16 (per Ende Februar) als Aufwand negativ verbucht. Somit explodierte der operative Verlust von 4,5 Mill. Euro (2014/15) auf 23,4 Mill. Euro. Noch gibt es Hoffnung, das Geld wiederzusehen. Die 42 Mill. Euro sind versichert, man bemüht sich um eine außergerichtliche Einigung. Was zurückkommt, würde die Bilanz 2017/18 verbessern.
Personell sind die Konsequenzen gezogen. Nach der Finanzchefin musste im Mai auch Walter Stephan gehen, der Gründer und langjährige Chef des Unternehmens. Auch Aufsichtsratschef Gregory Peters warf das Handtuch. Neuer Finanzchef soll Aleš Stárek (45) werden, neuer Aufsichtsrat der Ex-Boeing-Manager George Maffeo (62).
Menschlich sei es „eine Tragödie, wenn eine Karriere so endet“, sagt Machtlinger. Was Stephan geschaffen habe, sei einzigartig, „ohne ihn gäbe es das Unternehmen gar nicht“. Trotzdem war man bei den Eigentümern – 55,5 Prozent hält die chinesische Aviation Industry Corporation of China (AVIC) – offenbar auch unzufrieden. „Das Unternehmen war auf einem Weg, der nicht den Erwartungen entsprach“, so formuliert es Machtlinger. Grund zur Kritik bot etwa die Kursentwicklung der FACC-Aktie. Sie kam im Juli 2014 zum Einstandspreis von 9,50 Euro an die Wiener Börse. Nach langem Sinkflug notierte sie am Mittwochnachmittag bei 4,49 Euro.
Für FACC sei die „Thematik Walter Stephan“abgehakt, man habe Untersuchungen abgeschlossen und Klage eingereicht. Jetzt stehe die Verantwortung für die 3100 Mitarbeiter und die Kunden im Vordergrund, sagt Machtlinger. Er ist 20 Jahre bei FACC, habe „Schulter an Schulter mit Stephan“gearbeitet. Jetzt hat er sich offiziell um dessen Nachfolge beworben, die Entscheidung soll demnächst fallen.
Abgesehen vom „Fraud“(Betrug) sei man auf einem guten Weg, meint er. Im ersten Quartal 2016/17 wuchsen die Umsätze um 21 Prozent auf 165 Mill. Euro, der Betriebserfolg Ebit verdoppelte sich auf 2,6 Mill. Euro. Neue Aufträge von 170 Mill. Euro vergrößern den Auftragsstand auf 4,5 Mrd. Euro, damit sei man auf sieben bis acht Jahre ausgelastet. Der Großteil der Aufträge kommt von Airbus. In jedem neuen Flugzeug befinden sich FACCLeichtbauteile, im Airbus A350 etwa im Wert von 1,5 Mill. Euro.
„FACC ist in jedem neuen Flugzeug.“Robert Machtlinger, FACC-Chef