Besserer Schutz für Opfer von Stalking
Stalker machen ihren Opfern oft das Leben zur Hölle. Doch verurteilt werden sie eher selten. Das soll sich nun ändern.
Tausende Deutsche werden jährlich gestalkt – aber nur ein Bruchteil der Täter wird zur Rechenschaft gezogen. Dafür sind die rechtlichen Hürden in Deutschland zu hoch. Die Bundesregierung will nun Betroffene besser schützen und eine Verurteilung der Täter erleichtern. Das Kabinett brachte dazu am Mittwoch eine Gesetzesänderung auf den Weg.
Es gibt zwar jedes Jahr Tausende Verdächtige in StalkingFällen, aber nur einige Hundert Verurteilungen. Bisher mussten Nachstellungen schwerwiegende Beeinträchtigungen des Lebens verursacht haben – etwa, wenn die betroffene Person deswegen umzog oder den Job wechselte. Das soll sich ändern.
Der Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht vor, dass Taten in Zukunft lediglich „objektiv geeignet“sein müssen, beim Opfer zu einer solchen schwerwiegenden Beeinträchtigung zu führen. „Stalking kann Leben zerstören“, sagte Maas. „Es bedeutet eine schwere, oft jahrelange Belastung.“Stalking solle künftig auch strafbar sein, wenn das Opfer dem Druck nicht nachgebe und sein Leben nicht ändere. „Es darf nicht sein, dass man zum Beispiel erst umziehen muss, damit ein Stalker strafrechtlich belangt werden kann“, mahnte der Minister. Drei Jahre Haft drohen demnach, wenn jemand einer anderen Person beharrlich nachstellt. Eine weitere Änderung: Bislang werden Verfahren oft eingestellt, Opfer müssen dann selbst als Ankläger vor Gericht, wenn sie die Tat weiter verfolgen wollen. Künftig soll das anders sein. „Die Staatsanwaltschaft muss dann alle diese Verfahren führen und zu einem Ergebnis bringen“, sagte Maas.
Der Strafrahmen ändert sich nicht: Stalking (zu Deutsch anpirschen) soll auch künftig mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden. Von Stalking ist die Rede, wenn jemand zum Beispiel einen Ex-Partner verfolgt oder ihn immer wieder etwa mit Telefonanrufen terrorisiert oder ihm auflauert. Der Straftatbestand rückt meist nur durch prominente Beispiele ins Rampenlicht – Steffi Graf, John Lennon, Madonna. Laut einer Studie werden in Deutschland etwa zwölf Prozent der Menschen mindestens ein Mal im Leben gestalkt. Dem Weißen Ring zufolge sind rund 80 Prozent der Betroffenen Frauen, etwa 80 Prozent der Täter sind Männer. In rund der Hälfte aller Fälle hätten Opfer und Stalker vorher eine Beziehung. Im Vorjahr wurden 19.704 Fälle in der polizeilichen Kriminalstatistik verzeichnet – die Dunkelziffer dürfte aber weit höher liegen.
Betroffene und Verbände kritisieren seit Jahren, dass die Strafbarkeit nicht von den Taten des Stalkers oder von der Beeinträchtigung des Opfers abhängt, sondern davon, wie das Opfer reagiert. Wolf Ortiz-Müller, Leiter der Beratungsstelle Stop Stalking für Opfer und Täter in Berlin, befürwortet daher auch jegliche Gesetzesänderung zugunsten der Betroffenen. Er fürchtet aber, dass die Formulierungen im neuen Entwurf zu vage sind. Seiner Ansicht nach sollten vor allem Beratungseinrichtungen für Opfer und Täter ausgebaut werden. Es brauche Wege, „wie man frühzeitig nach einer Anzeige die Stalking-Beschuldigten in einen Beratungsprozess einbindet“. Der Weiße Ring fordert Anspruch auf Entschädigung für Opfer, die unter den psychologischen Folgen von Stalking leiden.
In 80 Prozent der Fälle sind Frauen die Opfer