Salzburger Nachrichten

Anschläge und Terror mit Fahrzeugen Das Phänomen ist nicht neu

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Die Dimension des Anschlags mit einem Lkw, der mehr als 80 Menschen das Leben kostete, ist neu. Das Phänomen, ein Fahrzeug als Waffe einzusetze­n, ist es nicht. Am 30. April 2009 etwa tötete ein Amokfahrer in den Niederland­en vier Menschen, als er am Königinnen­tag in die winkende Menschenme­nge gerast war. Sein Ziel war die Königsfami­lie gewesen.

Islamistis­che Terroriste­n legen Anhängern seit Jahren nahe, „Ungläubige“zu töten – egal mit welcher Waffe. Die Al-Kaida-Propaganda 2010 lautete so: „Die Idee ist, einen Pick-up-Truck als Mähmaschin­e zu verwenden, aber nicht um Rasen zu mähen, sondern die Feinde Gottes.“Die Terrormili­z IS übernahm das. Wenn keine Bombe oder Kugel abgefeuert werden könne, dann sei auch jedes andere Mittel recht, hieß es 2014 in einer Audiobotsc­haft in mehr als zwei Dutzend Sprachen. Konkret wurden Messeratta­cken oder Angriffe mit Autos genannt.

Solche Attacken gab es bereits in Kanada und Großbritan­nien. Im Mai 2013 fuhren zwei Londoner mit nigerianis­chen Wurzeln einen Soldaten mit einem Auto an, bevor sie ihn erstachen. Einer der Angreifer rief kurz danach, er wolle die „von britischen Soldaten getöteten Muslime“rächen. Im Oktober 2014 raste ein 25-jähriger kanadische­r Konvertit in einem Vorort von Montreal mit seinem Auto auf drei Soldaten zu. Er tötete einen der Männer und verletzte einen weiteren. Nach einer Verfolgung­sjagd wurde er schließlic­h erschossen. Der Angreifer wollte zum Dschihad nach Syrien.

Die Amokfahrt von Graz im Vorjahr lief im Wesentlich­en auch nach diesem Schema ab, auch wenn der dschihadis­tische Hintergrun­d offenbar fehlte. Der damals 26-jährige Bosnier Alen R. fuhr am 20. Juni 2015 mit seinem Auto in die Fußgängerz­one der Grazer Innenstadt, tötete drei Menschen, darunter ein kleines Kind, und verletzte zahlreiche Menschen teils schwer. Im Strafantra­g geht die Staatsanwa­ltschaft von einer „wahnhaften Störung“aus, drei Gutachten wurden dazu eingeholt. Anfang Juli wurde der Antrag eingebrach­t, Alen R. in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrec­her unterzubri­ngen.

Schon vor dem Aufruf der Terrormili­z IS im Jahr 2014 war es mehrfach zum Einsatz von Fahrzeugen für Terrorakte in Israel gekommen. So fuhren Attentäter, teilweise spontan und teilweise geplant, mit Bussen, Baggern oder eben mit einem Pkw mitten in Menschenan­sammlungen hinein.

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