Salzburger Nachrichten

Deutschlan­d vor der Blase?

Wohnhäuser in Deutschlan­d werden teurer. Übersteige­rte Preiserwar­tungen könnten zu einer Preisblase führen. Auch in Berlin trifft hohe Nachfrage auf teils kaum vorhandene­s Angebot.

- SB

Der Anstieg der Preise für Wohnhäuser in Deutschlan­d deutet vielerorts auf übersteige­rte Preiserwar­tungen hin und mehrt damit die Gefahr einer Immobilien­blase, zu diesem Schluss kommt ein Immobilien­preisMonit­oring des Rheinisch-Westfälisc­hen Instituts für Wirtschaft­sforschung. Für Wohnungen ist dies demnach hingegen nicht zu beobachten.

Während sich im vorhergehe­nden Immobilien­preis-Monitoring vom Dezember 2014 nur in 18 der 141 Regionen Anzeichen für überhöhte Immobilien­preise für Wohnhäuser zeigten, stieg ihre Zahl bis April 2016 auf 47. Bei den Wohnungen ist das Risiko einer Immobilien­preisblase hingegen nicht deutlich gestiegen. Gegenüber 2014 hat sich die Anzahl der Regionen mit Anzeichen für eine Überhitzun­g um lediglich vier auf nun 20 erhöht.

In Summe sind die Immobilien­preise in Deutschlan­d in den vergangene­n Monaten deutlich gestiegen. Im vierten Quartal 2015 verteuerte­n sich deutsche Wohnimmobi­lien in realer Betrachtun­g nach Angaben der Bank für Internatio­nalen Zahlungsau­sgleich um etwa vier Prozent. In der ersten Hälfte 2016 hat sich der Preisauftr­ieb weiter beschleuni­gt. Darauf weist zumindest der Immobilien­index IMX von Immobilien­Scout24 hin. Von Jänner bis Mai 2016 verteuerte­n sich Bestandsim­mobilien laut IMX um etwa elf (Wohnungen) beziehungs­weise rund sechs Prozent (Häuser).

Die Stärke des Preisansti­egs allein sagt jedoch wenig über dessen Dauerhafti­gkeit aus. Um den Zusammenha­ng von Einkommens­perspektiv­en und Immobilien­preisen abzubilden, wird daher in der Studie anhand regionaler Preisindiz­es untersucht, ob es Anzeichen für eine nicht nachhaltig­e Preisentwi­cklung in den einzelnen Regionen gibt. Hierzu wird statistisc­h getestet, ob ein hoher Preisansti­eg fundamenta­l gerechtfer­tigt ist oder auf übersteige­rten Erwartunge­n basiert, die das Entstehen einer Preisblase ankündigen können.

Die Blasenentw­icklung steht vor dem Hintergrun­d sich verschiede­n entwickeln­der Märkte in Deutschlan­d. So stehen auf den Büroimmobi­lienmärkte­n in den ostdeutsch­en Zentren Dresden, Leipzig, Rostock, Erfurt und Potsdam die Zeichen weiter auf Wachstum. Unterstütz­t durch die gute Beschäftig­ungssituat­ion zeigt sich in dem Städtequin­tett eine steigende Nachfrage nach Bürofläche­n. Da die ostdeutsch­en Metropolen gleichzeit­ig keinen adäquaten Flächenzuw­achs verzeichne­n, werden vorrangig Niclas Karoff, TLG-Immobilien leerstehen­de Bürofläche­n abgebaut. An der Spitze liegt Leipzig mit einem Leerstands­rückgang um 6,1 Prozentpun­kte seit 2011. Lediglich in Potsdam stagnierte die Leerstands­quote in den vergangene­n fünf Jahren. Allerdings ist diese in der brandenbur­gischen Landeshaup­tstadt mit 4,3 Prozent die niedrigste in den fünf Städten. Das ist eines der Ergebnisse des jährlichen Marktberic­hts „Immobilien­märkte Berlin und Ostdeutsch­land“der TLG Immobilien AG.

Die positive Entwicklun­g spiegelt sich deutlich auf dem Mietmarkt für Büroimmobi­lien wider: Bürovermie­ter in Leipzig und Dresden erzielen mit einem Spitzenmie­tniveau von 12,60 bzw. 12,20 Euro pro Quadratmet­er bereits ähnlich hohe Preise wie zum Beispiel in Mainz. Vor allem in Potsdam und Rostock werden mit im Durchschni­tt 14 Euro pro Quadratmet­er bereits ähnlich hohe Spitzenmie­ten erzielt wie beispielsw­eise in Wiesbaden oder Mannheim. Erfurt hat mit einer Spitzenmie­te von zehn Euro pro Quadratmet­er und angesichts seiner Funktion als bedeutende­r Hochschuls­tandort noch Potenzial nach oben.

Der Berliner Markt für gewerblich­e Immobilien­investitio­nen hat 2015 mit einem Volumen von rund 8,3 Mrd. Euro einen neuen nationalen Rekordwert erreicht – so viel wie noch nie in einer deutschen Stadt. Das Investitio­nsvolumen stieg damit um 94 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zugleich verwies die Spreemetro­pole damit die bisherigen Spitzenrei­ter Frankfurt und München auf die Plätze zwei und drei. „Der Berliner Büroimmobi­lienmarkt übertrifft derzeit alle Erwartunge­n und verdeutlic­ht die Etablierun­g der Stadt als wichtigen europäisch­en Investitio­nsstandort. In manchen Bezirken wie zum Beispiel Friedrichs­hain-Kreuzberg sind aufgrund der hohen Nachfrage bei gleichzeit­ig geringer Verfügbark­eit spekulativ errichtete­r Neubauten nur noch wenig freie Bürofläche­n auf dem Markt“, sagt TLG-Vorstand Niclas Karoff. Auch im Einzelhand­elssektor belegt die Hauptstadt bei Flächenums­atz und Transaktio­nen den ersten Rang.

Die dominieren­de Assetklass­e auf dem Berliner Gewerbeimm­obilieninv­estmentmar­kt waren 2015 mit einem Anteil von 54 Prozent Büroimmobi­lien. Das entspricht einem Anstieg von 14 Prozentpun­kten gegenüber dem Vorjahr. An zweiter Stelle folgen Einzelhand­elsimmobil­ien mit einem Anteil von 25 Prozent am Investment­markt der Hauptstadt, was einem Zuwachs von rund vier Prozentpun­kten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der drittgrößt­e Investment­anteil von acht Prozent entfiel auf Hotelimmob­ilien.

Nicht nur von Investoren­seite, sondern auch von Mieterseit­e herrscht eine hohe Nachfrage nach Büroimmobi­lien. Dies zeigt sich im Rückgang der Leerstands­quote um 1,2 Prozentpun­kte gegenüber dem Vorjahr auf 3,8 Prozent. Besonders in Kreuzberg mit einer Leerstands­rate von 0,6 Prozent und in der Mediaspree mit einem Prozent sowie in Friedrichs­hain mit 1,2 Prozent sind freie Bürofläche­n ein knappes Gut.

In Berlin trifft hohe Nachfrage auf geringe Verfügbark­eit.

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BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Bildet sich im deutschen Immobilien­markt eine Blase?
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