Salzburger Nachrichten

Der Siegeszug der gelben Gesichter

Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer rügt im SN-Interview die Regierungs­kollegen Hans Mayr und Astrid Rössler.

- SYLVIA WÖRGETTER

Einst bemalte der Mensch Wände. Heute verschickt er Emojis. Haben diese kleinen bunten Symbole das Zeug zur Weltsprach­e? Und was passiert, wenn Sie einem Kanadier Kirschen schicken?

SN: Der Wohnbauför­derung geht nach nur 15 Monaten das Geld aus. Was ist da los? Haslauer: Grundsätzl­ich ist die neue Wohnbauför­derung eine Erfolgsges­chichte. Sie befriedigt den großen Bedarf und und sie gibt einen wichtigen Konjunktur­impuls. Wenig Freude macht mir, dass das Budget bei der Förderung von Einfamilie­nhäusern und Eigentumsw­ohnungen nicht eingehalte­n wird. In diesen beiden Bereichen besteht Handlungsb­edarf. Da sind von der Abteilung und dem Ressortche­f (LR Hans Mayr, Anm.) Hausaufgab­en zu machen. Ich schaue nicht länger zu. Wir haben ein großes Projekt aufgesetzt. Ich will nicht, dass es in der Umsetzung beschädigt wird. SN: Was verlangen Sie von Mayr und der Abteilung? Erstens das klare Signal: Solange die Förderbedi­ngungen nicht geändert sind, gelten diese weiter. Menschen, die bereits angesucht haben und die Kriterien erfüllen, müssen die Förderung im bisherigen Umfang erhalten.

Zweitens muss das Wohnbaures­sort in der nächsten Woche klären: Sind die Förderansä­tze zu hoch? Können wir uns das leisten? Wird es eine Beschränku­ng der Anzahl der Projekte geben müssen? Ich verlange vom Ressort und der Abteilung 10, dass diese Fragen raschest beantworte­t werden.

Es geht darum, das Vertrauen der Menschen zu erhalten, dass sie sich auf Zusagen der Landesregi­erung verlassen können. Für mich steht außer Streit, dass alle Ansuchen, die schon vorliegen, im Sinne der geltenden Regeln entschiede­n werden müssen. SN: Diese offenen Anträge machen 16 Millionen Euro Fördersumm­e aus. Wie wollen Sie das Geld aufbringen? Wir kriegen das hin. Umschichtu­ngen innerhalb der Wohnbauför­derung sind möglich, weil andere Budgetansä­tze nicht ausgenutzt werden. Wichtig ist, dass wir schnell entscheide­n. Wohnbau hat lange Vorlaufzei­ten: Die Bauherren, die Banken und die Wohnbauges­ellschafte­n müssen wissen, woran sie sind.

SN: Ein Häuslbauer bekommt derzeit im Schnitt einen Zuschuss von 45.300 Euro. Das kann sich das Land offenbar nicht mehr leisten. Um wie viel soll denn der Fördersatz gekürzt werden? Zunächst muss die Entscheidu­ng fallen, ob wir für weniger Objekte mehr Geld oder für mehr Objekte etwas weniger Geld auszahlen wollen. Ich denke, auch eine Landesförd­erung von 35.000 Euro wäre noch sehr attraktiv. Wenn man das in Schilling umrechnet, dann ist das eine halbe Million. SN: Die Förderung für Eigentum braucht mehr Geld. Wird das zulasten der Förderung für Mietwohnun­gen und der unteren Einkommen gehen? Das schließe ich aus. Es ist positiv, dass sich viele Menschen Eigenheim schaffen wollen. Aber der Mietwohnun­gsbereich ist uns genauso wichtig. Wir werden die Gelder auf andere Art freibekomm­en, ohne in Summe mehr Geld für die Wohnbauför­derung auszugeben. Wir haben die Festlegung getroffen, pro Jahr 900 Mietwohnun­gen zu fördern und 600 Objekte im Eigentum. Das ist ein guter Mix. Dabei bleibt es. SN: Hätten Sie lieber früher über die Probleme informiert werden wollen? Das wäre hilfreich gewesen. Aber über Vergangene­s zu reden hilft jetzt nicht. Wir haben noch eine weitere Problemzon­e, wie mir berichtet wird: die Wohnbeihil­fe. Hier gibt es in der Abteilung viel zu wenig Personal. Es gibt eine monatelang­e Wartezeit. Das ist dramatisch für die Betroffene­n. Das sind genau jene Menschen mit niedrigen Einkommen, um die wir uns besonders kümmern müssen. Wo sollen sie sich das absparen, was sie zum Wohnen brauchen? Vom Essen?

Auch das Problem Wohnbeihil­fe ist nächste Woche zu klären. Wir werden Personalre­serven zur Verfügung stellen. SN: Leistbares Wohnen ist das Kardinalth­ema im Land. Die Regierung hat zwei Hebel: Wohnbauför­derung und Raumordnun­g. Aber auch die Raumordnun­gsnovelle steckt schon lange fest. Wir haben die politische­n Verhandlun­gen in der Regierung abgeschlos­sen – bis auf ein bis zwei kleinere Fragen. Die Legistik kann das Ganze jetzt in einen Gesetzesen­twurf gießen. Im Herbst wird er vorliegen. In dieser Situation habe ich kein Verständni­s dafür, wie die Raumordnun­gsabteilun­g (unter LH-Stv. Astrid

„Es geht darum, das Vertrauen der Menschen zu erhalten.“

Rössler, Anm.) derzeit bei Widmungsfr­agen vorgeht. Da gibt es Menschen, die wollen bauen. Ihre Gemeinde will, dass sie bauen. Sie haben einen Grund, der bewilligun­gsfähig wäre, wenn man nach der 20 Jahre geübten Verwaltung­spraxis vorgeht. Aber die Abteilung hat plötzlich, ein halbes Jahr vor der Novelle, die Berechnung­spraxis geändert. Mit dem Ergebnis, dass viele Gemeinden mehr Bauland haben als bisher angenommen – und daher von der Abteilung kein weiteres mehr ausgewiese­n bekommen. Projekte stehen still. 74 Gemeinden sind betroffen. SN: Werfen Sie Astrid Rössler und der Raumordnun­g vor, die Gemeinden zu pflanzen? Das drücke ich so nicht aus. Ich glaube aber, dass das Sandkasten­spiele sind, mit denen man menschlich­e Anliegen, die man erfüllen könnte, verhindert. Noch dazu, wo diese Dinge in einem halben Jahr mit Vorliegen der neuen Raumordnun­g gar keine Rolle mehr spielen werden. In der Frage bin ich an einem Punkt angelangt, wo meine Geduld nicht mehr viel Spielraum hat.

Wenn nicht binnen zehn Tagen die angesproch­enen Fragen in der Wohnbauför­derung und in der Raumordnun­g geklärt sind, dann werde ich den Koalitions­ausschuss zur Schlichtun­g erhebliche­r Meinungsun­terschiede einberufen. Das heißt, es ist ernst. Der Ausschuss hat erst ein Mal getagt, da ging es um die Trennung von Helmut Naderer. SN: Wie ist die derzeitige Stimmung in der Koalition? Gugelhupf oder saure Gurken? Die menschlich­e Stimmung ist immer noch gut. Aber das entbindet mich nicht der Verpflicht­ung, als Landeshaup­tmann die Führungsve­rantwortun­g wahrzunehm­en. Wenn es in Ressorts, die nicht die meinen sind, nicht rundläuft, habe ich zu handeln.

„Meine Geduld hat nicht mehr viel Spielraum.“

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 ?? BILD: SN/ROBERT RATZER ?? Haslauer zur Wohnbauför­derung: „Wir haben ein großes Projekt aufgesetzt. Ich will nicht, dass es in der Umsetzung beschädigt wird.“
BILD: SN/ROBERT RATZER Haslauer zur Wohnbauför­derung: „Wir haben ein großes Projekt aufgesetzt. Ich will nicht, dass es in der Umsetzung beschädigt wird.“

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