Wenn Justitia sich mühsam dahinschleppt
Das Grasser-Verfahren tritt in eine entscheidende Phase. Darüber müsste der Angeklagte ebenso froh sein wie die Ankläger.
Lange hat es gedauert, bis die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Anklage wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Recht und Gesetz im Zusammenhang mit dem Verkauf von Bundeswohnungen fertiggestellt hat. Sieben Jahre lang hat man ermittelt, Beweise und Indizien zusammengetragen, Betroffene vernommen, Computer durchsucht und Telefone abgehört.
Untreue, Geschenkannahme durch Beamte, Bestechung, Unterschlagung, Beweismittelfälschung, Geldwäsche – die Liste der Anklagepunkte gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere beeindruckt und beunruhigt. Die Tatsache, dass ein Politiker als Minister der Republik unter derartigem Verdacht steht, ist Anlass zur Sorge um die öffentliche Moral in diesem Land. Die Tatsache, dass es so unvorstellbar lange dauert, bis eine Anklageschrift gegen eine so exponierte Person der Öffentlichkeit zugestellt wird, hat viel Kritik an den ermittelnden Behörden provoziert.
Die Dauer des Verfahrens hat vermutlich mit der Langsamkeit zu tun, mit der die Mühlen des Gesetzes vor allem in Österreich mahlen, aber genauso damit, dass die Anwälte Grassers und seiner Mitbeschuldigten – ganz im Sinne ihrer Klienten – nichts unversucht ließen, die Ermittlungen zu behindern und in die Länge zu ziehen. Wenn dann dieselben Anwälte den von ihnen mitverursachten langsamen Fortschritt des Falles zum Anlass nehmen, um von einem politisch motivierten Angriff auf ihre Mandanten zu reden, zeugt das von einer gewissen Chuzpe.
Tatsache ist, dass gerade in einem so prominenten Fall die Justiz mit noch mehr Akribie vorgehen muss als in weniger prominenten Fällen. Tatsache ist auch, dass die österreichische Justiz neun Jahre nach dem Ende der Regierungsbeteiligung der FPÖ und ihres Nachfolgers BZÖ im Bund noch immer mit der Aufarbeitung der Folgen dieser Teilhabe an der Macht beschäftigt ist. Die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis muss die Wählerschaft ziehen und sonst niemand.
Es darf nicht sein, dass jemand aus politischem Kalkül schärfer und härter verfolgt wird als andere. Es ist aber genauso unzulässig, dass sich Beschuldigte der Gerechtigkeit unter dem Vorwand entziehen, sie würden aus politischen Motiven von der Justiz verfolgt. Sollte es jetzt bald zu einem Verfahren vor Gericht kommen, dürfen alle Beteiligten – die Justiz ebenso wie die Beschuldigten – froh sein, dass in einem öffentlichen Verfahren hoffentlich in absehbarer Zeit Recht gesprochen werden wird.