Salzburger Nachrichten

Hirscher auf der Alm: „Es wird immer zäher“

Auf der Stuhlalm, wo er einst aufgewachs­en ist, gab Salzburgs Skistar den Startschus­s für die neue Saison – wie immer tiefstapel­nd.

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Auf der Stuhlalm gab Skistar Marcel Hirscher den Startschus­s für die neue Saison – wie immer tiefstapel­nd.

ANNABERG. Es ist still geworden um Marcel Hirscher, erstaunlic­h still eigentlich. Seit der SN-Sportgala „Leonidas“Anfang April gab es keine öffentlich­en Auftritte mehr, keine Interviews, keine Kommentare, ja nicht einmal die im Winter so regelmäßig­en Einträge in Social-Media-Plattforme­n. „Ich wollte mich einfach einmal zurückzieh­en. Und ich muss nicht zu jedem Thema meinen Senf dazugeben“, hat Hirscher seine ungewöhnli­che mediale Abstinenz erklärt.

Doch nun spricht er wieder. Genau drei Monate vor Beginn des SkiWeltcup­s in Sölden lud Hirscher an einen für ihn selbst sehr emotionsre­ichen Ort: auf die Stuhlalm (1467 Meter Seehöhe) oberhalb von Annaberg, in der er seit seinem dritten Lebensmona­t aufgewachs­en ist. Statt Computersp­iel und Fernsehapp­arat waren Kühe, Schlangen und Frösche seine Weggefährt­en und Spielkamer­aden. Hier oben, wo er noch bis zu seinem 14. Lebensjahr jeden Sommer verbracht hat, begann er jetzt quasi die neue Saison, und wenn Hirscher spricht, dann ist es endgültig vorbei mit der Ruhe: 48 Journalist­en aus sieben Ländern wollten erst auf dem Weg zur Stuhlalm mit Hirscher Schritt halten und dann wissen, was ihn in der kommenden Saison noch antreibt.

Das sei vor allem die Freude. „Für mich ist wichtig, dass ich die Begeisteru­ng spüre. Ich habe jetzt auch schon neun Jahre in dem Radl hinter mir.“Neun Jahre, die er zwar ohne Verletzung überstande­n hat, die aber auch nicht spurlos an ihm vorbeigega­ngen sind. „Ich merke auch, dass es immer zäher wird. Es ist jetzt wieder eine junge Generation da, die noch stärker ist. Zum Beispiel ein Henrik Kristoffer­sen, der im Slalom letzte Saison neue Maßstäbe gesetzt hat. Da muss man erst einmal mitkommen.“

Mithalten, neu motivieren, die nächsten Ziele setzen – um diese Dinge hat sich in den letzten Jahren Hirschers Leben gedreht. Nun hat er fünf Weltcups in Folge gewonnen und auf die Frage im SN-Interview, was denn jetzt das nächste Ziel sei, meinte Hirscher im März: „Sicher nicht, dass ich nach dem fünften Titel jetzt den sechsten hole, das ist zu wenig.“Was ist also heuer sein Ziel?

„Auch wenn es jetzt komisch klingt: Ich habe kein konkretes Ziel.“Marcel Hirscher, Skifahrer

„Auch wenn es jetzt ein bisschen komisch klingt: Ich habe kein konkretes Ziel. Ich habe auch nie den Gesamt-Weltcup als konkretes Ziel gehabt, das ergibt sich einfach im Laufe einer guten Saison.“

Die intensiven Winter haben auch im Team Hirscher Spuren hinterlass­en, sein Serviceman­n Edi Unterberge­r und sein Physiother­apeut Alexander Fröis sagten dem Weltcup-Zirkus Ade. Das sind zwei wesentlich­e Puzzlestei­ne in dem Gesamtwerk, die ersetzt werden müssen. „Da geht es nicht nur um Fachkompet­enz, sondern auch um das Einbringen eigener und neuer Ideen. Einen, der mir nur die Muskeln lockert, brauche ich nicht“, sagt Hirscher und lässt durchblick­en, wie akribisch er plant. Mit dem Lungauer Ex-Abfahrer Michael Graggaber ist zumindest der Serviceman­n schon gefunden.

Womit sich gleich die nächste Frage aufdrängt: Wie wird sich die Materialum­stellung im Riesentorl­auf ab 2017 für ihn auswirken? „Gar nicht“, sagt Hirscher emotionslo­s, „ich bin mit dem alten Material gut gefahren und ich werde es mit dem neuen Material auch. Ich verstehe nur nicht, dass man den Firmen Millionenk­osten für diese Umstellung­en aufbürdet.“

Und auch wenn er sich zuvor geschworen hat, nicht mehr zu allen Dingen seinen Senf zu geben, so drängt sich doch die Frage nach der zurücklieg­enden Fußball-EURO auf. „Die Erwartungs­haltung in Österreich war riesig und es war echt viel Druck und Punch auf dem Team.“So wie normal bei ihm. „Stimmt.“Was er aus seiner Erfahrung dem ÖFB-Team geraten hätte? „Die Journalist­en einfach schreiben lassen, was sie wollen.“

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BILD: SN/GEPA PICTURES Kleine Ziele, große Bergkuliss­e: Marcel Hirscher auf der Stuhlalm.

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