Salzburger Nachrichten

Hartz-IV-Paar erpresste Lidl mit Bomben

Mit der geforderte­n Million wollten sich zwei Deutsche den Traum vom Haus in Spanien erfüllen. Doch die Polizei deckte alles auf.

- SN, dpa

RECKLINGHA­USEN. Es war der Traum von einem sonnigeren, vielleicht sorgenfrei­eren Leben, der das Paar aus dem Ruhrgebiet zu einer gefährlich­en Straftat getrieben haben soll: Um ein Haus in Spanien zu kaufen, haben eine 54-Jährige und ihr 48-jähriger Partner aus Gelsenkirc­hen nach Überzeugun­g der Polizei mindestens eine Bombe in einem Lidl-Geschäft hochgehen lassen. So wollten die Hartz-IV-Empfänger die Diskonterk­ette um mehr als eine Million Euro erpressen.

Es sollte, so zitierte ein Ermittler die Verdächtig­e, „der Lottogewin­n“sein, der ein ruhigeres Leben sichern sollte. Doch alles kam anders: Das mutmaßlich­e Gaunerpärc­hen sitzt seit Anfang der Woche in U-Haft, wie Staatsanwa­ltschaft und Polizei am Donnerstag verkündete­n.

Die Vorwürfe gegen die beiden wiegen schwer: Weil bei der Explosion im April eine Mitarbeite­rin leicht verletzt wurde, steht versuchter Mord im Raum. Auch bei einer Verurteilu­ng wegen Erpressung würden lange Haftstrafe­n drohen.

Doch das scheint den Beschuldig­ten nicht klar gewesen zu sein, als sie begannen, ihren kriminelle­n Auswandere­rplan umzusetzen: Bei ihrer Festnahme hätten sie starke Reue gezeigt, berichtet der ermittelnd­e Oberstaats­anwalt Andreas Bachmann. „Man hatte wirklich den Eindruck, dass ihnen erst da so richtig bewusst geworden ist, was sie gemacht haben“, schildert der Bochumer Ermittler.

Auch wenn sie bisher nicht strafrecht­lich in Erscheinun­g getreten sind, könnte ihre kriminelle Vergangenh­eit schon früher begonnen haben: Als am 15. April dieses Jahres in der Leergutann­ahmestelle in einer Lidl-Filiale in Herten ein selbst gebastelte­r Sprengsatz in einem Metallrohr detoniert, ahnen die Ermittler schnell, dass ihnen die Täter schon einmal entwischt sein könnten. Bereits im Oktober und Dezember 2012 waren an der Außenwand von Lidl-Filialen in Bochum und Bottrop Bomben explodiert. Damals passierte nicht viel, die Täter ließen den Drohungen aber Erpressers­chreiben folgen, die im Sand verliefen. Ob die Verdächtig­en auch für diese Fälle infrage kommen, werde noch ermittelt.

„Erst bei der Festnahme wurde ihnen bewusst, was sie gemacht haben.“Andreas Bachmann, Oberstaats­anwalt

Nach der Zündung der Bomben im Frühling seien die beiden Beschuldig­ten sehr vorsichtig vorgegange­n, berichten die Ermittler: Mit technische­m Know-how hätten sie versucht, ihre Spuren im Internet zu verwischen. Um an die von Lidl auf ein Konto überwiesen­en kleineren Summen zu gelangen, gingen sie mit Sonnenbril­le oder einer Gummimaske verkleidet zu den Geldautoma­ten.

Für die Polizei fügte sich während der Ermittlung­en dann Puzzleteil an Puzzleteil. Schließlic­h erkannte ein Beamter die verdächtig­e Frau sogar trotz dunkler Brille auf einem Geldautoma­tenfoto wieder als jemanden, der bereits bei den älteren Ermittlung­en auf Bildern zu sehen war. Am Dienstag wurden die Verdächtig­en schließlic­h festgenomm­en. Die Polizei konnte bei Durchsuchu­ngen Teile der Bombe, eine Anleitung zum Bombenbau sowie die Masken und ErpresserE-Mails sicherstel­len.

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