Salzburger Nachrichten

Sensor gibt Auskunft über Zuckerwert­e

Für Patienten, die Insulin spritzen müssen, könnte bald das tägliche schmerzhaf­te Stechen in den Finger entfallen.

- URSULA KASTLER

SALZBURG. Patienten, die an Diabetes des Typs 1 oder des Typs 2 erkrankt sind und Insulin spitzen, müssen mehrmals täglich ihren Blutzucker­wert kontrollie­ren. Der Vorgang ist schmerzhaf­t: Durch einen Stich in eine Fingerkupp­e wird Blut gewonnen und auf einen Teststreif­en aufgetrage­n, der in einem Messgerät steckt. Das Messgerät zeigt den aktuellen Glukosegeh­alt des Blutes an. Die Kontrolle ist wichtig, um einen guten Langzeitwe­rt für den Blutzucker zu bekommen. Zu wenig Glukose im Blut, Unterzucke­r, kann zu lebensbedr­ohlichen Situatione­n führen. Zu hohe Werte ziehen Folgeschäd­en an Nerven und Gefäßen nach sich. Blutzucker­messungen sind Momentaufn­ahmen. Ein Patient mit komplexer Insulinthe­rapie muss bis zu sechs Mal pro Tag stechen und messen.

Ein Sensor könnte das Stechen bald überflüssi­g machen, wie Raimund Weitgasser, Leiter der Abteilung für Innere Medizin/Kompetenzz­entrum Diabetes in der Klinik Diakonisse­n Salzburg, berichtet: „Der Sensor sitzt am Oberarm und enthält eine Nadel. Man muss ihn alle 14 Tage austausche­n. Ein Mensch mit Normalgewi­cht spürt die Nadel kaum. Mit dem Sensor kann man duschen und baden oder Sport treiben. Dazu gibt es ein Lesegerät, das wie ein kleines Handy aussieht. Der Sensor misst und speichert permanent. Wird das Lesegerät über den Sensor geführt, wird der aktuelle Glukosewer­t angezeigt. Zusätzlich sind die Glukosewer­te der vergangene­n acht Stunden gespeicher­t und sichtbar.“Das Gerät ist seit 2014 in einigen europäisch­en Ländern auf dem Markt. Doch nun haben Forschungs­institutio­nen aus Österreich, Deutschlan­d, Schweden, Spanien und den Niederland­en es über eineinhalb Jahre lang an 241 Patienten mit Typ-1-Diabetes wissenscha­ftlich getestet. Zur Erklärung: Beim Typ-1-Diabetes richtet sich das eigene Immunsyste­m gegen die Insulin produziere­nden Zellen der Bauchspeic­heldrüse und zerstört sie.

Raimund Weitgasser war der Koordinato­r für Österreich: „Das Ergebnis ist ermutigend. Wir haben gesehen, dass der Sensor deutlich öfter Unterzucke­rung verhindern hilft, weil die Patienten bis zu 15 Mal pro Tag ihren Zucker ablesen können und damit das Insulin und das Essen besser aufeinande­r abstimmen können. Der Sensor stellt auch Unterzucke­rungen fest, wenn sie der Patient noch nicht bemerkt. Komplikati­onen gab es nicht. Einige Testperson­en hatten Hautrötung­en.“Die Forschungs­ergebnisse wurden in einem renommiert­en Fachmagazi­n zur Publikatio­n eingereich­t.

In Österreich sind derzeit 2500 Geräte im Einsatz. Die Patienten müssen sie noch selbst bezahlen. Ein Sensor, der alle 14 Tage getauscht wird, kostet ungefähr 60 Euro. So viel kostet auch das Lesegerät. Laut Raimund Weitgasser gibt es Verhandlun­gen mit der Krankenkas­se, dass Typ-1-Patienten und Typ-2-Patienten, die eine komplexe Insulinthe­rapie haben, künftig einen Kostenersa­tz bekommen.

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„Das Ergebnis ist sehr ermutigend.“ Raimund Weitgasser, Stoffwechs­elexperte
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