Schnell muss man sein
Leere Taschen, so weit das Auge reicht, doch das Salzburger Straßentheater verrät trickreiche Lösungen.
Kein Geld und trotzdem knurrt der hungrige Magen? Auf in den Supermarkt, denn bezahlt wird heute ganz einfach gar nicht! Die Einkaufssackerl werden vollgestopft und unter die Hausschürzen gepackt, der Volksaufstand wird erprobt. Mit „Bezahlt wird nicht!“startet das Salzburger Straßentheater in eine neue Ära. Am Donnerstag fand die Vorpremiere in der Regie des neuen Künstlerischen Leiters im Lehrbauhof statt. Nun führt der Südtiroler Georg Clementi die Geschicke der sommerlichen Traditionswanderbühne, sein Vorgänger Klaus Gmeiner verabschiedete sich 2015 nach dreißig Jahren Künstlerischer Leitung in den wohlverdienten Ruhestand. Als seinen fahrenden Erstling wählte Clementi eine Farce des 90-jährigen italienischen Literaturnobelpreisträgers Dario Fo. Obwohl bereits Mitte der 1970erJahre verfasst, findet man in „Bezahlt wird nicht!“viele heutige Themen. Im Brennpunkt von Fos Gesellschaftskritik steht der neoliberale Turbokapitalismus, den er in Wortwitz und grandioser Überzeichnung verpackt. Clementi hat daraus eine 70-minütige Spielfassung extrahiert, die schon vor dem eigentlich Stück beginnt, denn bereits der Aufbau ist Teil seiner Inszenierung. Eine charmante Idee für das Straßentheater, das anlocken und zum Verweilen einladen soll. So werkeln die Schauspieler emsig an sich und dem Wagen lange vor dem Beginn. Als wahrer Glücksgriff in der Besetzung entpuppt sich Anja Clementi in der Rolle der energischen Antonia. Sie ist eine richtige Spielemacherin und tobt und parodiert als gefuchste Ehefrau von dem allzu rechtschaffenen Gewerkschaftler Giovanni (Géza Terner) durch den Plot. Ihre Spiellust scheint unmittelbar aus dem Bauch zu kommen, keine einstudierte Geste stört ihre spontane, direkte Spielweise. Als zusätzliche Auflockerung hat Clementi drei Joker, die zugleich das Stück musikalisch und komödiantisch begleiten, eingeführt. Alex Linse, Christine Rothacker und Eric Lebeau sind die sympathischen Spaßvögel, die mit Schirm, Charme und Instrumenten durch die Aufführung flattern. Das alles passiert auf drei Ebenen: Erde, Wagen und dessen Dach werden gleichberechtigt als Spielfläche benutzt. Möglich macht das der neue Theaterwagen. Er ist sozusagen Einstandsgeschenk an Georg Clementi. Das alte Gefährt hatte nach vier Jahrzehnten den Spielgeist auf- und das Pickerl abgegeben. Ausstatter Andreas Lungenschmid kündigte das Gefährt als „eine Art Transformer“an. Das tut auch not, denn bei den fahrenden Aufführungen ist keine Zeit für aufwendige Umbauten, die Spieler erledigen alles selbst. Der Wettergott war zur Vorpremiere zwar nicht bis zum Ende hold, einen pfiffig-unterhaltsamen Einstand mit viel guter Laune konnte er nicht verhindern. Info: