Banca rotta, Stresstests und die Angst vor der Marktbereinigung
Wie man die Probleme auf Italiens Bankenmarkt marktwirtschaftlich lösen könnte, dafür gibt es in der Geschichte gute Vorbilder.
Ach, Italien! – Der Sehnsuchtsort für so viele, besonders im Sommer. Vielleicht nicht gerade für Europas Bankenaufseher und auch nicht für Investoren. Obwohl, für vier kleinere Banken, die 2015 mit 3,6 Mrd. Euro vom Staat gerettet wurden, hat die italienische Notenbank offenbar Käufer gefunden. Es gibt also auch noch gute Nachrichten, aus dem Land, wo die Zitronen blüh’n, aber sich unter Bankaktien viele Zitronen finden. Aber es gibt auch Beunruhigendes. Etwa dass rund ein Drittel aller Bankkredite oder 360 Mrd. Euro faul sind oder bei der ältesten noch existierenden Bank der Welt, der Monte dei Paschi di Siena, nun doch wieder die Steuerzahler einspringen sollen.
Blickt man in die Geschichte zurück, dann verwundert es, dass man sich gerade im Mutterland des Bankgeschäfts so schwer mit der Marktbereinigung tut. Mit dem Zerschlagen von Banken hat man seit mehr als sieben Jahrhunderten in Italien sehr viel Erfahrung.
So gingen in Venedig, im Mittelalter das unangefochtene Zentrum der Kaufleute, im Lauf von drei Jahrhunderten mehr als 90 Prozent der in diesem Zeitraum rund 100 gegründeten Banken pleite. Und wenn ein Geldhändler einmal krumme Geschäfte machte, dann wurde kurzer Prozess gemacht. Der Tisch/die Bank, auf dem/der er seine Geschäfte abwickelte, wurde kurzerhand zerschlagen – „Banca rotta“.
So einfache Mittel zur Bereinigung des europäischen Bankenmarkts würde so mancher sich heute auch wünschen. Was müssen dagegen Aufseher und auch die Banken nicht alles aufführen, damit im Fall des Falles ein Geldinstitut zerschlagen oder ganz aus dem Markt genommen werden kann? Banken müssen Testamente schreiben und Pläne abliefern, wie man sie am besten aufteilen kann. Und vor allem müssen die Gläubiger nach der Reihe zur Kasse gebeten werden, um zu verhindern, dass die Steuerzahler in Ziehung genommen werden.
Das schert in Italien niemanden. Statt sich der radikal marktwirtschaftlichen Lösungen von früher zu besinnen, will man der Monte dei Paschi erneut mit Staatsgeld unter die Arme greifen. Im Italien des Mittelalters bezeichnete Monte übrigens den staatlichen Schuldenberg. Heute trägt man einen privat angehäuften Monte offenbar dadurch ab, dass man einen staatlichen aufbaut. Auch (k)eine Lösung.
Und die Aufseher? Die beruhigen ihr Gewissen mit Stresstests, bei denen die Banken auf Herz und Nieren geprüft werden – sollen. Die Tests gibt es weltweit, auch in der EU. Doch der EU-Stress, ein Zustand, der erreicht wird, wenn man positiv gefordert wird, wandelt sich immer öfter in Distress. Und der hat negative Folgen, bei den Geprüften und auch beim Publikum. Das wird das ungute Gefühl nicht los, dass es sich um eine wertlose Übung handelt.