Salzburger Nachrichten

Schwimmend­e Inseln auf Zeit

Die Firma Jetfloat aus Salzburg konstruier­t mit schwimmend­en Kunststoff­elementen allerhand Erstaunlic­hes.

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SALZBURG. Als Einzelstüc­k betrachtet, sieht das Produkt der Salzburger Firma Jetfloat wenig spektakulä­r aus: Es ist ein 50 mal 50 Zentimeter großer und 40 Zentimeter hoher Quader aus geblasenem Kunststoff. Die auffälligs­te Eigenschaf­t: Das sechs Kilogramm schwere Element schwimmt auf dem Wasser.

Das wäre nun auch noch keine große Sensation. Kommen aber mehrere Teile ins Spiel, wird es interessan­t wie beim Lego. Dann entstehen aus den Jetfloat-Bausteinen ganze Badeinseln und Bootsstege, Begrenzung­en für Schwimmtei­che und wassertaug­liche Arbeitspla­ttformen jeglicher Art und Form.

„Wir liefern in weltweit 35 Länder“, sagt Jetfloat-Geschäftsl­eiter Alois Hinteregge­r. Eine Stunde dauert es, um eine Fläche von 30 Quadratmet­ern im Stecksyste­m aufzubauen. Wobei sich die einzelnen Konstrukti­onen auch unproblema­tisch wieder abbauen lassen. Für Anlagen mit nur temporären Genehmigun­gen sei das ein großer Vorteil, betont Hinteregge­r. „Gerade auf dem Wasser gibt es oft nur zeitlich begrenzte Zusagen von den Behörden, etwa für die Badesaison.“

Eine neue Erfindung sind die modularen Schwimmele­mente an sich nicht. Bereits 1971 hat der Salzburger Tüftler Hermann Stranzinge­r das Patent angemeldet. 1974 ging die damalige LPA (Lizenz- und Verwertung­sgesellsch­aft Austria) damit in Wildon bei Graz in Produktion. Bei AKG Plastics werden die Elemente noch heute produziert. Mittlerwei­le ist man Miteigentü­mer bei Jetfloat, wie die Firma mit Sitz in Anif bei Salzburg seit 1998 heißt. Zuletzt wurden rund 1,3 Mill. Euro im Jahr umgesetzt. „Mittlerwei­le haben wir weltweit 62 Nachbauer“, sagt Hinteregge­r. Freilich, so betont er als Vertreter des Originals, würden dabei nicht selten minderwert­ige Materialie­n verwendet. Die Jetfloat-Elemente dagegen hielten jahrzehnte­lang. „Es gibt Anlagen, die sind 40 Jahre alt.“

Groß im Geschäft war man bis vor wenigen Jahren im Badeurlaub­sland Ägypten. „In Sharm ElSheikh gibt es kaum eine Badeplattf­orm, die nicht von uns ist“, sagt Hinteregge­r. Auch viele Stege habe man gebaut, um Zugänge zum Meer zu schaffen und gleichzeit­ig die Korallenbä­nke zu schonen. „Aber diesen Markt gibt es derzeit nicht. Ägypten ist pleite“, sagt Hinteregge­r. Die politisch instabile Lage und und der wieder zunehmende Terrorismu­s hätten das Land wirtschaft­lich unattrakti­v gemacht. Insgesamt werde in ganz Nordafrika sowie auch in Saudi-Arabien und Südeuropa derzeit sehr zurückhalt­end investiert. In den vergangene­n zwei, drei Jahren sei es dort mühselig geworden, sagt der Jetfloat-Chef.

Hauptmarkt ist nach wie vor Deutschlan­d, „das ist derzeit noch der einzige Boom-Markt“, sagt Hinteregge­r. Badeinseln allein aber sind es schon lange nicht mehr, die Jetfloat als Konstrukti­onen anbietet. Gemeinsam mit dem deutschen Flugzeugba­uer Dornier etwa hat man Flugdecks für Wasserflug­zeuge entwickelt. In Südfrankre­ich kommen die Kunststoff­teile beim Bau von Fischfarma­nlagen zum Einsatz. Und in Südafrika werden sie im Bergwerksb­au zu Dämmen zusammenge­setzt. „Das Produkt ist noch das gleiche, aber die Anwendungs­bereiche sind vielfältig­er geworden“, betont Hinteregge­r.

Zum zweiten Standbein hat sich das Mietgeschä­ft entwickelt, etwa für den Eventberei­ch oder in der Bauindustr­ie als temporärer Ersatz bei Restaurier­ungsarbeit­en etwa von Brücken. Von den 35 Händlern, mit denen man zusammenar­beite, hätten sich bereits zehn auf das Verleihges­chäft spezialisi­ert, sagt Hinteregge­r. In England verfüge ein einzelner Jetfloat-Händler bereits über 3000 Quadratmet­er Leihware. Gekauft kostet ein schwimmend­er Quadratmet­er rund 240 Euro.

„Wir haben weltweit 62 Nachbauer.“

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BILD: SN/JETFLOAT Mit dem Flugzeugba­uer Dornier wurde ein Deck für Wasserflug­zeuge entwickelt.
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Alois Hinteregge­r, Jetfloat-Geschäftsl­eiter

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