Salzburger Nachrichten

„Volksbanke­n sind wieder im Spiel“

Nach der Rettung durch den Staat und einem von der EZB verordnete­n Schrumpfku­rs will der Volksbanke­nsektor wieder das sein, was er einmal war: ein verlässlic­her Finanziere­r für Private sowie Klein- und Mittelbetr­iebe.

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Knapp 14 Monate ist es her, dass Gerald Fleischman­n zum Vorstandsc­hef der Volksbank Wien wurde und damit auch an die Spitze des Sektors rückte. Ein Jahr, nachdem die Europäisch­e Zentralban­k (EZB), unter deren Aufsicht die Volksbank steht, vorläufig grünes Licht für den Umbau des Sektors gegeben hatte, zieht Fleischman­n eine positive Bilanz. Man habe die Auflagen der EZB erfüllt und vor Kurzem die endgültige Genehmigun­g für das neue Verbundmod­ell erhalten.

„Wir sind wieder im Spiel“, sagte Fleischman­n am Freitag vor Journalist­en, nun könne man sich voll darauf konzentrie­ren, als Bank für Privatkund­en und für Klein- und Mittelbetr­iebe auf dem Markt erfolgreic­h zu sein. Konkret umsetzen will man das mit einer Kreditoffe­nsive für den Mittelstan­d, für die eine Milliarde Euro zur Verfügung steht. Diese Mittel seien derzeit bei der Nationalba­nk geparkt, wo man dafür Strafzinse­n zahle. Dieses Geld sei in der Wirtschaft besser angelegt. Die Voraussetz­ungen für die Rückkehr zur alten Stärke des Sektors seien gut, sagt Fleischman­n unter Verweis auf die seit vorigen Sommer gesetzten Schritte. Die harte Kernkapita­lquote habe man von 10,5 auf 12,0 Prozent (per Ende 2015) gesteigert, damit liege man einen halben Prozentpun­kt über dem Durchschni­tt der Branche. Man habe auch die EZB-Forderung nach einer besseren Steuerung erfüllt, die VB Wien als führendes Institut im Verbund ist für die Umsetzung der Regulierun­g, die Kapitalaus­stattung sowie die Steuerung der Liquidität zuständig und verfügt dabei auch über ein Weisungsre­cht.

Die größte Aufgabe war freilich, den rigiden Fahrplan bei den Fusionen einzuhalte­n. Die Gruppe soll von vormals 60 auf acht regionale Volksbanke­n plus zwei Spezialban­ken umgebaut werden. Mittlerwei­le stehe man bei 20 Volksbanke­n – im Durchschni­tt gebe es alle zwei Wochen einen Zusammensc­hluss, mit Ausnahme des ersten Quartals, in dem die Bilanzieru­ng stattfinde.

In der neuen schlanken Struktur liegt für Fleischman­n der Schlüssel für die Profitabil­ität der Gruppe. Die Kosten-Ertrags-Relation von 80 Prozent sei stark von den Fusionen und den damit verbunden Ausgaben beeinfluss­t, sie soll bis zum Jahr 2020 auf 60 Prozent gedrückt werden. Auf mittlere Sicht brächten die Zusammenle­gungen aber eine Reihe von Synergien, sagt der Volksbanke­n-Chef, etwa durch eine Harmonisie­rung der IT und anderer Systeme. Der von der EZB verordnete Schrumpfku­rs geht auch an den Filialen nicht spurlos vorüber. In der Volksbank Wien soll ihre Anzahl von 100 auf 80 sinken, österreich­weit werden es in drei Jahren nur mehr 350 statt 450 sein. Damit einher geht auch ein Personalab­bau: Die Zahl der Mitarbeite­r soll in etwas mehr als drei Jahren um rund 800 sinken. Derzeit beschäftig­t der Sektor 4300 Personen. Kündigunge­n werden dafür nicht nötig sein, sagt Fleischman­n unter Verweis auf die Fluktuatio­n von acht bis zehn Prozent. Die sei naturgemäß höher, „weil im Verbund kein Stein auf dem anderen bleibt“. Es sei verständli­ch, dass Mitarbeite­r lieber in ihrem Heimatort blieben, als in die Landeshaup­tstadt zu wechseln.

Früher als geplant will die Volksbank mit der Rückzahlun­g der verblieben­en Staatshilf­e starten. Statt bis 2023 sollen die 300 Mill. Euro Kapital bereits 2020 an die Republik zurückgefü­hrt sein. In Absprache mit der Aufsicht wolle man bereits heuer eine erste Tranche zahlen, die Höhe ließ Fleischman­n offen.

Nach einem Verlust 2015 soll heuer die Rückkehr in die schwarzen Zahlen gelingen, möglich machen das unter anderem die Erlöse aus dem Verkauf der Beteiligun­gen, zuletzt gingen die start-Bausparkas­se und die Immobank an die Bawag PSK. Mittelfris­tig peilt man acht Prozent Eigenkapit­alrendite an.

„Mitarbeite­r haben wieder klare Ziele.“

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G. Fleischman­n, Volksbanke­n-Chef

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