„Wir lebten sehr bescheiden“
Quer durch den Pinzgau erinnern sich Angehörige der Generation achtzig plus an ihre Kindheit und blicken auf ihr Leben zurück. Das ergibt jede Menge wunderbaren Lesestoff.
Von Bramberg bis Zell am See. 65 Frauen und Männer schildern im neuen Buch „Das war unsere Zeit“, was ihr Leben bestimmt hat. Darunter auch der in Piesendorf/Aufhausen lebende Hans Bründl. Hier ein Auszug: „Ich wurde im gemieteten Faberhäusl in Piesendorf geboren und hatte acht Geschwister. Bis zu meinem zweiten Lebensjahr konnte ich nicht stehen, ich war rachitisch. Diese Krankheit bekämpfte meine Mutter mit Butter und sehr viel Honig.
1933 nahm mein Vater die Stelle als Totengräber an. Wir wohnten im Piesendorfer TotengräberHäusl neben der Kirche und dem Schulhaus, und er übernahm auch die halbe Landwirtschaft des Pfarrers mit drei, vier Kühen und Jungvieh. Auch die Holzwirtschaft erledigte der Vater mit Hilfe von benachbarten Eisenbahnern. Der Vater war sehr, sehr fleißig. Die ersten Ski, Ahornbrettl, dann Eschenski, die stabiler waren, machte er für mich. Hinter dem Pfarrhof, auf der Firschl-Leitn, traten wir uns eine Bahn aus, nachher gab es dort einen kleinen Lift.
Wir lebten sehr bescheiden. Die Mutter war streng und sehr religiös; ich ministrierte schon mit sechs Jahren, und wir gingen oft zwei- bis dreimal in der Woche in die Kirche.
Ich erinnere mich genau an den 13. März 1938. Wie immer gingen wir vor dem Unterricht in die Messe. Auf dem Weg ins Schulhaus sahen wir unseren Bürgermeister, den alten Mitterberger Bauern, wie er an einem Karren angebunden war und durchs Dorf geschleift wurde. Sie holten sich auch den Vizebürgermeister Gasteiger und sperrten ihn zusammen mit dem Bürgermeister in den Gemeindekotter. Als wir im Schulhaus angekommen waren und wie immer mit ,Grüß Gott‘ beginnen wollten, meinte der Direktor, dass ab heute mit ,Heil Hitler‘ gegrüßt werden müsse. Später gingen sie auch zum Pfarrer und stellten dort alles auf den Kopf. Meinen Vater nannten sie: ,Du schwarze Sau‘, und im Beisein von mir und meinen weinenden jüngeren Geschwistern rannten sie ins Schlafzimmer der Eltern und warfen alles aus dem Kasten, auch das Gewehr, das mein Vater besaß, weil er in der Jagdgemeinschaft war. Und das taten vier Piesendorfer, also Einheimische, keine Fremden aus Salzburg oder aus Deutschland! Sie waren radikal und demütigten uns.
Diese Bilder habe ich oft noch heute vor Augen.
Mein Vater hatte eine Drechselbank und daher wollte ich drechseln. Durch eine Cousine aber kam ich in eine Wagnerei und erlernte den Beruf des Wagners. Der Meister verstarb während meines zweiten Lehrjahres, doch ich lernte aus und machte die Gesellen- und später auch die Meisterprüfung. So stellte ich Rodeln, Leiterwagen und einige Paar Ski her, und das war der Beginn meiner Karriere. 1948 heiratete ich. Wir bekamen vom Pfarrer eine kleine Wohnung im Mesnerhaus. Die Wagnerei ging nicht mehr so gut, und so stellte ich Tausende von Liegestühlen und Kinderspielzeug her. Mein Haupterwerb wurde aber die Skiherstellung: Im WIFI machte ich Kurse und Prüfungen für die Herstellung von Schichtenski. Dann baute ich eine Werkstatt.
Bis zu drei Mal pro Woche in die Kirche „Der Vater war sehr fleißig. Die ersten Ski waren für mich.“ Nach dem Krieg Start der Skiproduktion Dann kam eine berufliche Wende
1956 gab es eine berufliche Wende: Eine Woche vor Weihnachten kam der Mitterecker, ein Gastund Landwirt, er wollte von mir Leihski für Gäste aus Paris – große Nachfrage! In Kaprun gab es einen Kiosk. Dort stellte der Sporthändler Scholz aus Zell am See seine Sportartikel aus. Die Reisebüroinhaberin bot mir zwei Tage später an, in ihrem Kiosk während des Winters die von mir hergestellten Erzeugnisse auszustellen. Kaprun entwickelte sich und es ging immer besser. 1974 kaufte ich das alte SchusterHäusl und hatte mein erstes Sportgeschäft. An diesem Standort steht der jetzige Flagshipstore von Intersport Bründl.
Die ersten „Brettln“hatten keine Kanten
Meine Ski hatten anfänglich keine Kanten, aber einen eingesetzten Belag und zweiundzwanzig verleimte Schichten. Wir Skihersteller waren alle vorher Wagner gewesen, außer dem Toni Arnsteiner. Noch ein Glücksfall kam dazu: Ich habe sechs Kinder, drei Töchter, die in Kaprun und in Piesendorf leben, und drei Söhne.
Der zweite, Christoph, war Manager einer amerikanischen Firma in Wien. Nach längeren Gesprächen war er dann bereit, mein Nachfolger zu werden. Am 21. 10. 1989 machte ich ihn zum Geschäftsführer. Zwei Jahre wollte er es probieren – und jetzt sind siebenundzwanzig Jahre daraus geworden!“