Salzburger Nachrichten

Wer bremst die Gewaltspir­ale im Internet?

Terroriste­n und Amokläufer haben im Internet zu viele Möglichkei­ten, um ihr Unwesen treiben zu können. Höchste Zeit zum Handeln.

- Gerhard Schwischei GERHARD.SCHWISCHEI@SALZBURG.COM

Amokläufer und Terroriste­n verfolgen mit ihrem Morden ähnliche Ziele, auch wenn eine unterschie­dliche Ideologie dahinterst­ecken mag. Immer geht es aber darum, Angst und Schrecken zu verbreiten, eine Gesellscha­ft zu destabilis­ieren, sich selbst unsterblic­h zu machen. Daher ist es gar nicht so erheblich, ob der Wahnsinn in München einen islamistis­chen Hintergrun­d hatte wie nur wenige Tage zuvor in Nizza oder Würzburg. Entscheide­nd ist vielmehr die Frage, was diese Mörder befeuert und wie die Gesellscha­ft bessere Strategien dagegen entwickelt.

Der Krieg spielt sich dabei auch immer stärker im Internet und in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter ab. Ganz gezielt haben Islamisten in den vergangene­n Jahren Computerex­perten rekrutiert, die darauf spezialisi­ert sind, über das Internet Menschen für ihre Zwecke zu instrument­alisieren oder terroristi­sche Anschläge zu koordinier­en.

Und auch der Attentäter von München hat sich offenbar ein Jahr lang großteils im Internet auf seinen Mordanschl­ag vorbereite­t. Er hat sich die Waffe im sogenannte­n Darknet besorgt, er hatte sich viele Gewaltvide­os und Texte des norwegisch­en Amokläufer­s Anders Breivik herunterge­laden und Menschen via Facebook zum Tatort gelockt. Gleichzeit­ig zeigt der Amoklauf in München, wie die Polizei über digitale Kanäle die Menschen zwar warnen konnte, auf der anderen Seite aber auch Menschen durch viele Falschmeld­ungen in sozialen Netzwerken die Sicherheit­sbehörden in die Irre geführt haben.

Wir leben heute in einer Medienwelt, die nicht mehr nur aus Zeitungen, Radio und Fernsehen besteht. Digital sind wir 24 Stunden am Tag weltweit live dabei, im positiven wie im negativen Sinn.

Für die klassische­n Medien gibt es klare gesetzlich­e und selbst auferlegte Regeln, um Seriosität und Richtigkei­t von Nachrichte­n zu garantiere­n. Auch das schließt nicht jeden Missbrauch aus. Aber im Internet können sich die Betreiber noch immer zu leicht und sanktionsl­os auf den Standpunkt zurückzieh­en, sie stellten ja nur die Plattform für Kommunikat­ion zur Verfügung, verantwort­lich seien sie aber nicht zu machen für das, was dort vor sich gehe.

Nicht nur angesichts der jüngsten dramatisch­en Ereignisse werden daher die Forderunge­n immer lauter, Terror und Gewalt im Internet die Bühne zu entziehen. Ohne dabei Freiheiten beschneide­n zu müssen, wird es nicht gehen. Aber grenzenlos kann Freiheit ohnehin nicht sein. Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen bedroht wird.

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