Verkehrsemissionen sind nicht im Griff
Die CO2-Emissionen müssen sinken. Darüber herrscht Einigkeit. Doch im Verkehrssektor explodierte der Ausstoß an Treibhausgasen seit 1990 um fast 60 Prozent.
Ein Viertel der Emissionen stammt von Lkw und Bussen
BRÜSSEL. Mit den EU-Zielen und dem Pariser Abkommen gibt es ein klares Bekenntnis Österreichs zum Klimaschutz. Bei der Umsetzung besteht allerdings akuter Handlungsbedarf, wie ein aktueller Bericht des Umweltamts zeigt.
Das Sorgenkind bei den Treibhausgasen bleibt demnach der Verkehr. Während der CO2-Ausstoß in allen anderen Sektoren zwischen 1990 und 2014 gesunken ist, stieg er auf der Straße um 57,6 Prozent an.
Die Fahrleistungen der Pkw sind um 60 Prozent gestiegen, die von Lastwagen sogar um 70 Prozent. „Der überwiegende Teil dieses Anstiegs wird nicht durch Transitverkehr verursacht“, erläutert Jürgen Schneider, Experte im Umweltbundesamt. Um den Straßenverkehr klimafreundlicher zu gestalten, schlägt das Umweltamt wieder einmal vor, die Schiene auszubauen. Zudem sollten die Regionalbahnen erhalten werden. Auf der Straße müsste die Elektromobilität gestärkt werden.
Das sind Ansätze, die auch die EU-Kommission verfolgt. Sie hat vergangene Woche in Brüssel ein Maßnahmenpaket zum Klimaschutz vorgestellt. Darin sind erstmals die nationalen Reduktionsziele für die Verringerung von Treibhausgasen vorgeschlagen (siehe Bericht unten) und auch eine „Strategie für emissionsarme Mobilität“.
Die Strategie baut auf zwei Säulen auf: neue Technologien wie etwa bessere Verkehrsleitsysteme sowie der Umstieg auf emissionsarme und völlig emissionsfreie Antriebe. Innovationen und Investitionen sollten die treibenden Kräfte sein, sagte EU-Kommissarin Violeta Bulc. Für die Forschung steht Geld aus mehreren Fonds und Programmen bereit. Allein im Struktur- und Investitionsfonds sind zwölf Milliarden Euro für nachhaltige urbane Mobilität vorgesehen. Außerdem sollen die EU-Länder gemeinsame Standards für alternative Kraftstoffe schaffen. Beispielsweise müsse das Aufladen von Elektroautos in der gesamten EU gleich funktionieren, findet die EU-Kommission. So einfach, wie man jetzt sein Auto tanken kann, soll man es künftig auch laden können.
Einen nächsten Schwerpunkt will Brüssel auf Lkw, Stadt- und Fernbusse legen. Sie sind für ein Viertel der CO2-Emissionen im Verkehr verantwortlich, Tendenz steigend. Bislang gibt es keine EU-weiten Normen und Standards für ihren Treibstoffverbrauch. Auch ein einheitliches Kontrollsystem fehlt. Die EU-Kommission will nun beides auf den Weg bringen, eine öffentliche Konsultation wurde vergangene Woche gestartet.
Insgesamt liegt im Verkehr großes Potenzial zur CO2-Einsparung, das von der EU bislang vernachlässigt wurde. Der Sektor hängt noch immer zu etwa 94 Prozent vom Erdöl ab. EU-Kommissarin Bulc beton- te in Brüssel, dass die Nachfrage nach Transportmöglichkeiten immer noch steige. Ohne Gegensteuern werden die Verkehrsemissionen folglich weiter steigen.
Die EU-Kommission verfolgt diese Entwicklung nicht nur mit Blick auf den Klimaschutz. Der Verkehrssektor macht sieben Prozent des EU-Bruttoinlandsprodukts aus. 15 Millionen Menschen seien in dieser Sparte beschäftigt, betonte EUKommissar Miguel Cañete. Europa sei zwar in der klassischen Verkehrsindustrie – also beim Verbrennungsmotor – führend, bei alternativen Antrieben würden aber „andere Erdteile rasche Fortschritte“machen.
Der Umstieg auf emissionsarme Mobilität ist also längst nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern auch eine des wirtschaftlichen Erfolgs. Das betonte die EU-Kommission bei der Vorstellung ihres Maßnahmenpakets nicht nur einmal. Bis Ende des Jahres soll es konkrete Gesetzesentwürfe geben.