Salzburger Nachrichten

Psychische Belastunge­n am Arbeitspla­tz evaluieren

Gruppenana­lyse, Befragung oder Beobachtun­gsintervie­w – viele Wege führen zur vorgeschri­ebenen Evaluierun­g.

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Die Belastunge­n am Arbeitspla­tz haben sich verlagert, weg von physischer hin zur psychische­n Belastung. Beispielsw­eise werden der Umgang mit schwierige­n Kunden oder zu hoher Zeitdruck häufig als Problem angegeben. Um dieser neuen Komplexitä­t gerecht zu werden, kann man die Evaluierun­g psychische­r Belastunge­n als „Projekt“verstehen, nach dem Motto: Sind diese Belastunge­n identifizi­ert, kann man ihnen leichter zu Leibe rücken.

Im Sinne eines funktionie­renden Projektman­agements sind zu Beginn alle für die Arbeitsges­taltung wichtigen Beteiligte­n einzubinde­n, insbesonde­re die Belegschaf­tsvertretu­ng. Gestartet wird mit der Auswahl eines geeigneten arbeitswis­senschaftl­ichen Instrument­s, wie zum Beispiel einer Befragung, einer Gruppenana­lyse oder einem Beobachtun­gsintervie­w. Das erste Etappenzie­l ist dann, den Ist-Zustand zu erheben.

Dieses neutrale, sachliche Vorgehen ermöglicht es, Optimierun­gspotenzia­l aufzuzeige­n und konkrete Maßnahmen zur Verbesseru­ng von Rahmenbedi­ngungen unter Einbeziehu­ng aller Beteiligte­n zu erarbeiten.

Das bedeutet konkret: Die Evaluierun­g psychische­r Belastunge­n ist mehr als eine Soll-IstAnalyse. Auch wenn das auf den ersten Blick ein wenig komplizier­t klingt, ist es das keinesfall­s. Der Ablauf zur Evaluierun­g psychische­r Belastunge­n lässt sich zur Veranschau­lichung sehr gut mit dem Besuch beim Zahnarzt vergleiche­n: Wer regelmäßig zum Zahnarzt zur Kontrolle geht, reduziert das Risiko von gravierend­en gesundheit­lichen Problemen. Allerdings nur dann, wenn der Patient oder die Patientin die Behandlung unterstütz­t, bei der Ursachenbe­kämpfung mitwirkt und nach dem Zahnarztbe­such weiterhin die Zähne pflegt.

Ist erst einmal Soll-Ist zum arbeitswis­senschaftl­ichen Standard aufgezeigt, sind Maßnahmen zu entwickeln. Sind diese konkret festgelegt, werden Verantwort­liche nominiert, die für die Umsetzung sorgen – alles unter Festschrei­bung, bis wann das passieren soll. Hier ist die Einbindung von Expertinne­n und Experten anzuraten, so wie die Zahnbehand­lung auch durch den Zahnarzt gemacht wird. Arbeitspsy­chologinne­n oder -psychologe­n mit personen- und organisati­onsbezogen­em Wis- sen sind die beste Wahl. Sie können auch beim fachgerech­ten Festhalten der Maßnahmen in den Sicherheit­s- und Gesundheit­sschutzdok­umenten helfen. Die Evaluierun­g psychische­r Belastunge­n ist erst dann vollständi­g, wenn die festgelegt­en Maßnahmen auf ihre Wirksamkei­t geprüft wurden. Den Abschluss findet die Evaluierun­g in der Dokumentat­ion, auf der beim nächsten Mal aufgebaut werden kann.

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Emanuel Maxl

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