Terror oder Amok? Mord bleibt Mord.
Ob ein Geistesgestörter oder ein Terrorist ein Verbrechen verübt, macht für Opfer und Angehörige im Ergebnis keinen großen Unterschied.
Nach Nizza, Würzburg, München und jetzt Ansbach ist eine Debatte darüber aufgekommen, ob es sich bei den Gräueltaten um terroristische Anschläge, Attentate oder Amokläufe gehandelt hat. Für die polizeiliche Aufklärung spielt die kriminologische Typisierung vielleicht eine Rolle und für die politische Zuordnung auch, aber für die Opfer und deren Angehörige eher nicht.
Es lindert den Schmerz der Eltern der Todesopfer von München nicht, dass der Mörder ihrer Kinder „nur“ein geisteskranker Amokläufer war und nicht ein politisch eiskalt kalkulierender Terrorist. Es macht für Mütter und Väter keinen Unterschied, ob die Auslöschung ihrer Lieben ein Jahr lang in einer Plattenbauwohnung im Hartz-IV-München geplant wurde oder in einem Zelt vor der einstigen IS-Hochburg Rakka in Syrien. Mord bleibt Mord.
Für die Ergreifung von polizeilichen und politischen Gegenmaßnahmen ist die Einordnung von Tat und Tätern von Bedeutung. Nach einer solchen Serie von Gewalt hat man aber den Eindruck, als wüsste derzeit niemand so genau, was zu tun ist. Man hört die Politiker nach jedem Blutvergießen dieselben Stehsätze sagen. „. . . tief erschüttert . . ., teilen den Schmerz . . ., lassen uns nicht unterkriegen . . ., stehen fest auf der Seite der Freiheit.“Die Worte sind ehrlich und gut gemeint, spenden da und dort Trost. Aber sie zeugen auch von Unsicherheit und einer gewissen Hilflosigkeit. Wenn der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer bereits zum dritten Mal innerhalb einer knappen Woche vor die verängstigte Bevölkerung treten muss, was soll er noch anderes sagen, als Durchhalteparolen schwingen, besondere Härte ankündigen und lückenlose Aufklärung versprechen?
Aber wie sieht die zuletzt so oft zitierte „Entschlossenheit“aus? So wie die in Frankreich nach Charlie Hebdo und Bataclan in Paris, so wie die in Belgien nach dem Flughafen Zaventem und der U-Bahn-Station Maelbeek in Brüssel? Noch schärfere Gesetze, alle erfolglosen Asylbewerber gnadenlos abschieben, mehr Polizei, mehr Bundesheer, alle Depressiven unter Beobachtung?
Fakt ist, dass die Einschläge immer näher kommen. Die Betroffenheit sinkt mit dem Quadrat der Entfernung. Je näher wir am Geschehen sind, umso stärker fährt uns der Schock in die Glieder. Der Bombenattentäter von Kabul hat am Samstag 84 Menschen umgebracht. Das war unserer aufgeregten Medienwelt nur eine kleine Notiz wert.