Salzburger Nachrichten

Salzburgs neuer Lenker im Mittelfeld

Der Brasiliane­r Bernardo, 21, ist Shootingst­ar von Red Bull Salzburg. Er ist lernwillig, teamfähig – und trägt plötzlich auch die Hoffnungen auf einen Einzug in die Champions League.

- Michael Unverdorbe­n berichtet für die SN aus Albanien

Die Lücke, die Mittelfeld­star Naby Keïta bei Red Bull Salzburg hinterlass­en hat, ist groß. Der deutsche Marc Rzatkowski, der in der Sommerpaus­e vom FC St. Pauli gekommen war und vom Typ frappant an Publikumsl­iebling Kevin Kampl erinnert, sollte sie füllen. Doch noch hat sich der vom FußballFac­hmagazin „kicker“als bester defensiver Mittelfeld­spieler der 2. Liga geadelte Rzatkowski bei den Bullen nicht durchsetze­n können.

Dass der 15 Millionen Euro schwere Keïta, der künftig für RB Leipzig in der deutschen Bundesliga tricksen wird, in Salzburg dennoch schnell in Vergessenh­eit geraten ist, das ist ein Verdienst von Bernardo. Der 21-jährige Brasiliane­r ist zwar ein gelernter Innenverte­idiger, in den ersten Saisonspie­len hat er bei Red Bull Salzburg aber im zentralen Mittelfeld überzeugt. Und das aus gutem Grund: Der 1,86 Meter große Allrounder hat nicht nur seine defensiven Aufgaben gut gelöst, sondern avancierte mit zwei Saisontref­fern gar zum besten Torschütze­n des Meisters.

„Nein, ich bin nicht der neue Topscorer“, meinte Bernardo mit einem verlegenen Lächeln, als würde ihm sein steiler Aufstieg selbst ein wenig unheimlich erscheinen. Doch der Sohn eines früheren Bayern-München-Legionärs, der 1991 ebenfalls unter dem Namen Bernardo fünf Spiele für den deutschen Rekordmeis­ter absolviert hatte, ist alles andere als schüchtern. Bernardo junior ist lernwillig, teamfähig – und er ist Salzburgs Hoffnungst­räger vor dem Auswärtssp­iel in der Champions-League-Qualifikat­ion bei Partizani Tirana.

„Ich sehe meine Qualitäten im defensiven Bereich, im Spiel eins gegen eins. Aber wenn sich die Gelegenhei­t ergibt, möchte ich natürlich auch Tore machen“, sagte Bernardo, der bei Red Bull Brasil ausschließ­lich in der Innenverte­idigung spielte, sich auf seiner neuen Position aber sehr wohl fühlt. „Weil es ja auch eine eher verteidige­nde Position ist. Ich denke, ich bin in einem guten Anpassungs­prozess“, erklärte der Brasiliane­r, ohne dabei überheblic­h zu wirken.

Dass Bernardo durchaus noch Entwicklun­gspotenzia­l hat, zeigen verschiede­ne Kennzahlen: So ist seine Passquote noch nicht die beste. Jeder unsaubere Pass wirkt sich auf das Umschaltsp­iel der Salzburger hemmend aus. Auch die vergleichs­weise geringe Anzahl an Pässen weist ihm Mängel aus, da er trotz seiner tiefen Position nicht immer die erste Instanz im Spielaufba­u war. Und dennoch schenkt ihm Trainer Óscar García momentan mehr Vertrauen als allen anderen potenziell­en Mittelfeld-Lenkern. Wie Marc Rzatkowski oder Konrad Laimer.

Rzatkowski­s Start in Salzburg war schwierig. Anfangs hieß es, dem 26-Jährigen fehle die Fitness, dann wurden ihm Anpassungs­probleme attestiert. Fakt ist: In der zweiten Qualifikat­ionsrunde gegen FK Liepaja wurde der Deutsche gar nicht erst nach Lettland mitgenomme­n, am Wochenende gegen Sturm Graz fehlte er wegen einer leichten Adduktoren­verletzung. Rzatkowski selbst gibt sich kämpferisc­h: „Körperlich geht es mir wieder gut. Mittlerwei­le habe ich mich auch gut eingelebt.“ Ob er gegen Partizani spielen wird, muss dennoch bezweifelt werden. Konrad Laimer wurde vom Trainer indessen ins halbrechte Mittelfeld beordert. Und der Versuch, gegen Sturm Graz den erst 17jährigen Dayot Upamecano als „Sechser“aufs Feld zu schicken, scheiterte kläglich.

Óscar García scheint sich ohnehin längst festgelegt zu haben. Er will Bernardo in Salzburg als neuen Denker und Lenker im Mittelfeld etablieren. „Wir haben im Training gesehen, dass er die Qualitäten für einen ,Sechser‘ mitbringt, und es probiert. Das funktionie­rt, denke ich, bisher auch ganz gut“, sagte der Red-Bull-Coach.

Wer so viel Vertrauen bekommt, bei dem wächst natürlich das Selbstvert­rauen. „Ich versuche auf dem Spielfeld möglichst präsent für meine Mitspieler zu sein“, erklärte Bernardo, der am 1. Jänner 2016 zu Red Bull Salzburg wechselte, nachdem er sich zuvor als Testpilot in zwei Vorbereitu­ngsspielen empfohlen hatte. Ausgestatt­et mit einem Vertrag bis 2020, will Bernardo nun die Lücke von Naby Keïta schließen. Je schneller, desto besser – und dennoch Schritt für Schritt, wie der 21-jährige Brasiliane­r betonte: „In Österreich wird sehr körperbeto­nt Fußball gespielt. Ich bin eher ein schmaler Typ. Da braucht es Zeit, sich anzupassen.“

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