Der Klimawandel heizt uns ein
Wetterextreme, Hitzewellen, Dürren, Missernten: Der Klimawandel bringt schwelende Konflikte in ethnisch gespaltenen Ländern zum Überkochen. Dann greifen Menschen zu Waffen.
POTSDAM. Der Klimawandel wird künftig immer mehr Gesellschaftsbereiche beeinflussen, mit ernsthaften Konsequenzen auf regionaler und globaler Ebene. Der Wandel des Planeten zeigt bereits jetzt ernsthafte Auswirkungen auf Menschen. Das beweist eine Untersuchung des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).
Wetterextreme wie Hitzewellen oder Dürren erhöhen einer Studie zufolge das Risiko bewaffneter Konflikte in ethnisch zersplitterten Ländern. Ethnien sind Volksgruppen. Die Forscher benutzten für ihre Analyse einen neuen statistischen Ansatz. Sie betrachteten 241 Konflikte von 1980 bis 2010, etwa in der Zentralafrikanischen Republik oder Peru, aber auch zwischen Ländern wie beispielsweise zwischen Eritrea und Äthiopien.
Ergebnis: Fast ein Viertel der Konflikte in ethnisch sehr gespaltenen Ländern fielen mit natürlichen klimatischen Desastern zusammen. Carl-Friedrich Schleussner vom PIK erläutert dazu: „Klima-Desaster führen nicht direkt zum Ausbruch von Konflikten, aber indirekt, denn sie können das Risiko für einen Ausbruch
Immer mehr Menschen müssen hungern
erhöhen. Das scheint zwar recht naheliegend, aber wir können das nun wissenschaftlich fundiert belegen.“
Die Studie beruhte auf ökonomischen Schadensdaten zu Naturkatastrophen, gesammelt von einer Rückversicherung. Dort fand sich laut Schleussner unter anderem ein „statistisch robustes Ergebnis für 23 Konfliktausbrüche“. Diese geschahen besonders in ethnisch zersplitterten Ländern und zwar im gleichen Monat, in dem es auch eine klimabedingte Naturkatastrophe gab, etwa eine Dürre. Insgesamt waren 98 der 241 analysierten Konflikte in ethnisch sehr gespaltenen Regionen ausgebrochen.
„Wir waren überrascht, wie sehr die Ergebnisse für ethnisch zersplitterte Länder herausstachen gegenüber anderen Eigenheiten der Länder – etwa, was ihre Konfliktgeschichte, die Armut oder die soziale Ungleichheit angelangt“, erkärte Mitautor Jonathan Donges vom PIK.
Für ein Warnsystem, das anzeigt, wann wo der nächste gewalttätige Konflikt losbricht, sind diese Daten aber nicht ausreichend. Die Studie könne keine konkrete Risikoabschätzung liefern, sagen die beiden Forscher. „Der menschgemachte Klimawandel wird Hitzewellen und regionale Dürren aber weiter verstärken“, sagte Hans Joachim Schellnhuber, Direktor der PIK. „Unsere Beobachtungen in Kombination mit dem, was wir über wachsende Auswirkungen des Klimawandels wissen, können sicherlich dazu beitragen, der Sicherheitspolitik zu helfen, Risikoregionen zu erkennen.“
Am härtesten trifft der Klimawandel schon heute die ärmsten Länder. Vor allem in den südlichen Breiten sind die Menschen gezwungen, sich neuen Bedingungen anzupassen.
In Entwicklungsländern produzieren Kleinbauern einen Großteil der landwirtschaftlichen Erträge. Damit spielen sie eine zentrale Rolle für die Ernährung der Bevölkerung. Wird ihre Widerstandsfähigkeit gegen die zunehmenden Dürren, Fluten und andere extreme Ereignisse nicht deutlich verbessert, sind nach einer Studie der Weltbank im Jahr 2030 bis zu 100 Millionen Menschen mehr vom Hunger bedroht.