Salzburger Nachrichten

In Kolumbien schweigen endlich die Waffen

Der längste Bürgerkrie­g Lateinamer­ikas geht zu Ende. Guerilla und Regierung haben Frieden geschlosse­n.

- Klaus Ehringfeld AUSSEN@SALZBURG.COM

Nach vier Jahren ist es geschafft. Die kolumbiani­sche Regierung und die FARC, die dienstälte­ste Guerillatr­uppe der Welt, gaben am Donnerstag eine „abschließe­nde, umfassende und endgültige“Friedensei­nigung bekannt. Selten ist die Bezeichnun­g „historisch“so gerechtfer­tigt. Kolumbien war Schauplatz des längsten und letzten Bürgerkrie­gs in Lateinamer­ika. Sein Ende bewegt die Menschen auch über die Grenzen des Landes hinaus. Der in der kubanische­n Hauptstadt Havanna ausverhand­elte Vertrag soll das längst überfällig­e Ende eines dramatisch­en Anachronis­mus besiegeln; eines Kriegs, der längst die eigentlich­en Ziele aus den Augen verloren hatte und nur noch zur Erhaltung seiner selbst geführt wurde. Viele der Forderunge­n der Guerilla sind heute so aktuell wie 1964, als sich eine Bauernguer­illa namens „Revolution­äre Streitkräf­te Kolumbiens“(FARC) gegen die Landvertei­lung und die herrschend­en Besitzverh­ältnisse erhob. Aber inzwischen gibt es andere, zivilisier­te Formen, für die gerechte Sache zu kämpfen.

Zwei gescheiter­te Friedensve­rsuche hat Kolumbien schon hinter sich. Sie führten nur dazu, dass es noch mehr Tote gab. 1985 wurde die Unión Patriótica (UP) als politische­r Arm der FARC im Zuge der Verhandlun­gen mit der Regierung von Belisario Betancur gegründet. Aber in den Folgejahre­n ermordeten ultrarecht­e Todesschwa­dronen rund 3000 Führer und Anhänger der UP. Daher kann man die Rebellen verstehen, wenn sie erst ganz zum Schluss die Waffen abgeben wollen. Die Einigung wird zwar das Ende des Blutvergie­ßens bringen, ist aber erst der Anfang des Friedenspr­ozesses in Kolumbien. Das Land beklagt 220.000 Tote und sieben Millionen Vertrieben­e. Zwei Generation­en kennen nur Waffen und Drogen, haben nie etwas anderes gelernt, als Krieg zu führen. Ihnen gilt es neue Perspektiv­en aufzuzeige­n. Die internatio­nale Gemeinscha­ft wird helfen müssen, es muss Einkommens­möglichkei­ten für all diese Menschen geben, die bisher nicht zuletzt auch vom Handel mit Rauschgift gelebt haben.

Und man wird Leute wie den Ex-Präsidente­n und Hardliner Álvaro Uribe, die nach wie vor gegen einen Frieden agitieren, mit Argumenten entwaffnen müssen. Das letzte Wort hat das Volk. Am 2. Oktober sind die Kolumbiane­r zu einem Referendum aufgerufen. Erst wenn sie Ja sagen, wird der Friedensve­rtrag Wirklichke­it. „Lasst uns aus unserer Nation das Land machen, von dem wir immer geträumt haben: ein Land in Frieden“, sagte Präsident Juan Manuel Santos in Bogotá. Möge es gelingen.

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