weinen „Ich will keinen sehen“
Die Champions League war für Red Bull Salzburg zum Greifen nahe, am Ende blieb nach dem Drama gegen Dinamo Zagreb jedoch nur Fassungslosigkeit und Leere. Was nun? Wir haben die Antworten.
SALZBURG. Drei Minuten fehlten zum historischen Einzug in die Gruppenphase der Fußball-Königsklasse. Drei lächerliche Minuten und Red Bull Salzburg wäre am Ziel seiner Träume gewesen. Doch es kam anders: Zum neunten Mal scheiterten die Bullen am Einzug in die Champions League. Ist es ein Fluch? Oder gehört Salzburg zum erlauchten Kreis der 32 besten europäischen Fußballteams schlichtweg nicht dazu?
Bei Spielern, Trainern und Fans war die Enttäuschung nach der 1:2Niederlage am Mittwochabend gegen Dinamo Zagreb gleichermaßen groß. Chefcoach Óscar García versammelte seine Mannschaft unmittelbar nach dem Schlusspfiff im Mittelkreis und versuchte sie aufzurichten. Er sagte: „Der Fußball war heute unfair zu uns. Ich bin stolz, euer Trainer zu sein. Und deshalb will ich keinen weinen sehen.“Doch die Spieler hatten ihre Emotionen nicht wirklich im Griff. Es flossen Tränen, es wurde geschimpft und geflucht. Am Tag danach kamen die Fragen. 1. Wie konnte diese Niederlage passieren? Red Bull Salzburg spielte eine brillante erste Hälfte, musste am Ende dem hohen Tempo der Anfangsphase aber Tribut zollen. Drei verletzte Spieler bis zur 67. Minute, dazu ein nicht vollständig fitter Jonatan Soriano, der am Ende stehend k. o. war, das war zu viel des Guten. Nach dem Ausgleich in der 87. Minute saß der Schock bei den Bullen (zu) tief, es fehlten das Momentum und die Kraft, das Spiel noch einmal herumzureißen. Klar, der Elfmeterpfiff bei einem klaren Handspiel im Strafraum blieb aus, aber Valon Berisha hätte völlig unbedrängt vor Dinamo-Torhüter Eduardo auch das erlösende 2:0 erzielen können. 2. Welche Maßnahmen muss der Trainer jetzt setzen? Es gilt den Blick nach vorn zu richten. Immerhin warten in der Meisterschaft (Rapid am Sonntag) und in der Europa League (Gruppenphase ab 15. September) wichtige Spiele auf die Salzburger. Óscar García bewahrte unmittelbar nach dem Drama gegen Dinamo Haltung und versuchte die Mannschaft aufzurichten. Diese menschliche Seite hat man von ihm in Salzburg noch nicht gesehen. So ist der Trainer auch ein Vorbild für die immer noch am Boden zerstörten Spieler. 3. Warum spielte Millioneneinkauf Dabbur nicht? Der israelische Stürmer war der erklärte Wunschspieler des Trainers und zweifellos verfügt er auch über außergewöhnliche Fähigkeiten. In Salzburg ist Munas Dabbur aber noch nicht richtig angekommen. Das ist auch seiner Position geschuldet. Dabbur ist weder ein Linksaußen noch eine hängende Spitze, er ist Mittelstürmer. Doch auf dieser Position ist Kapitän Soriano gesetzt. Dass die teuerste Neuerwerbung (rund 5 Mill. Euro) im „Spiel des Jahres“nicht einmal eingewechselt wurde, wirft dennoch kein gutes Bild auf den Verein. 4. Wird es personelle Konsequenzen geben? Einen Spieler-Exodus wird es nach dem neuerlichen Scheitern in der Champions-League-Qualifikation nicht geben. Trainer Óscar García meinte in der Pressekonferenz nach Spielende sogar: „Ich hoffe, dass vielleicht noch der eine oder andere kommt.“Das war wohl nur ein geschicktes Ausweichen auf die Frage, ob es Stürmerstar Jonatan Soriano tatsächlich zurück nach Spanien zieht, zumal dessen Familie seit einigen Monaten wieder in Barcelona lebt. Innenverteidiger Duje ĆaletaCar überlegt bis zum Transferende am 31. August einen Wechsel zum Red-Bull-Schwesterclub RB Leipzig. Martin Hinteregger wird vom FC Augsburg umworben, bekannte sich aber erneut zu Salzburg: „Wir tun jetzt alles in der Liga, damit wir nächstes Jahr wieder die Chance auf die Champions League haben. Vielleicht klappt es ja beim zehnten Mal. Irgendwann ist der Fußballgott auf unserer Seite.“ 5. Kommt Salzburg jemals in die Champions League? Die Königsklasse steht vor einer Reform. Dabei sollen die großen Ligen, deren Topclubs nach mehr Einfluss streben, weitere Startplätze erhalten. England, Spanien, Italien und Deutschland würden dann vier fixe Plätze in der Gruppenphase bekommen. Für Teams aus „kleineren“Ländern, wie etwa Österreich, wäre die Teilnahme an der Champions League damit noch schwieriger als bisher. Dem Vernehmen nach soll das neue Format schon heute in Monaco präsentiert werden.