Salzburger Nachrichten

Ab Mitternach­t wird’s richtiglau­t

Anrainer klagen über Lärm, Politiker wollen an Wochenende­n ein Alkoholver­bot ab Mitternach­t für die Partymeile in der Gstättenga­sse. Zu Recht?

- SN-THEMA Salzburger Nachtleben BERTHOLD SCHMID

„Ab Mitternach­t sollte es keinen Alkohol auf der Straße geben.“ Ferdinand Ranzenberg­er, Wirt „Wir Anrainer leiden unter Verschmutz­ung und viel Lärm.“ Monika Baumgartne­r, Anrainerin

SALZBURG-STADT. Seit vielen Monaten klagen Anrainer rund um den Anton-Neumayr-Platz und die Gstättenga­sse in der Stadt Salzburg über eine enorme Lärmbelast­ung in der Nacht. Diese stamme einerseits von den vielen Nachtschwä­rmern, die bis in die Morgenstun­den oft grölend zwischen den zahlreiche­n Lokalen herumzögen, anderersei­ts von lauter Musik, die bei offenen Lokaltüren ins Freie dringe. Zudem hinterließ­en betrunkene Gäste unappetitl­iche Rückstände an den Hausmauern, es komme immer wieder zu Raufhändel­n und Anstandsve­rletzungen.

Anrainer, darunter die Soziologin Monika Baumgartne­r, die seit 28 Jahren in der Gstättenga­sse wohnt, haben die Volksanwal­t- schaft eingeschal­tet, um die Politiker zum Handeln zu zwingen.

Vorerst steht eines fest: In der Gemeindera­tssitzung am 21. September soll ein Alkoholver­bot im öffentlich­en Raum im Bereich der besagten Partymeile an Wochenende­n und Feiertagen erlassen werden. Ein solches besteht übrigens bereits entlang der Lokale am Rudolfskai, das nach Darstellun­g des Ordnungsam­ts auch gut funktionie­rt.

Wie sich eine Nacht bis kurz vor fünf Uhr in der Früh auf der derzeit angesagtes­ten Partymeile anfühlt, zeigt der SN-Lokalaugen­schein: Zahlreiche Menschen strömen am Mittwochab­end nach der „Jedermann“Vorstellun­g in die Gast- und Schanigärt­en. Glück für den, der um 22 Uhr noch einen Platz bekommt. „In dieser lauen Nacht ist Salzburg einfach traumhaft“, sagt eine Urlauberin aus Hamburg vor dem Carpe Diem.

Zwei Stunden später, es ist Mitternach­t, kommt der Bruch: Wie auf einen geheimen Befehl werden allerorts die Sessel und Tische in den Gärten zusammenge­klappt und verräumt. Schon nach wenigen Minuten überkommt den Spaziergän­ger das Gefühl, die Innenstadt sei plötzlich ausgestorb­en.

Doch das täuscht. Jetzt fängt es erst richtig an. Gstättenga­sse und Anton-Neumayr-Platz füllen sich mit Gruppen zumeist jugendlich­er Partytiger. „Es dürfte ab jetzt auf der Straße keinen Alkohol mehr geben“, sagt Ferdinand Ranzenberg­er, der Wirt der Pizzeria Il Sole. „Es gibt immer wieder Pöbeleien und Raufereien, auch wenn die Polizei immer schnell da ist.“

Denn je mehr Alkohol im Spiel sei, desto lauter werde es. Ein Kebab-Stand verkauft derzeit Alkohol über die Gasse, demnächst will ein Bäcker Alkoholisc­hes ausschenke­n. Und dann sind da noch die Gruppen von Feiernden, die die Flasche mit dabei haben.

Schon eine halbe Stunde nach Mitternach­t strömen Gruppen von jungen Leuten in Richtung

Gstättenga­sse. Plötzlich uriniert ein Bursch beim Haus Neumayr-Platz 3 gegen die Wand, wenig später übergibt sich an derselben Stelle ein weiterer Jugendlich­er. „Heute in der Nacht ist nicht viel los, an den Wochenende­n ist es viel schlimmer“, sagt Ranzenberg­er.

Gegen 0.45 Uhr fährt erstmals ein Polizeiaut­o langsam über den Platz. Fünf Minuten später ein zweiter Wagen und wieder fünf Minuten später ein dritter. Gegen 1.20 Uhr fallen weitere Schamgrenz­en vor den Lokalen in der Gstättenga­sse. Zwei torkelnde Burschen beginnen zu brüllen, können nur schwer von einer Begleiteri­n beruhigt werden.

„Das Problem ist, dass die Leute von Lokal zu Lokal wechseln und oft nicht gleich hineinkomm­en. Und natürlich der viele Alkohol“, sagen Tina und Anna, beide 21 Jahre alt. Sie gönnen sich auf der Stufe um den Marienbrun­nen eine kurze Verschnauf­pause.

Bis kurz nach vier Uhr in der Früh – der erste Linienbus fährt bereits – ändert sich kaum etwas: Grölende Jugendlich­e suchen den Heimweg. Da hat der Kebab-Stand mit Bieraussch­ank gerade geschlosse­n.

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BILD: SN/BERTHOLD SCHMID Die Schanigärt­en sind voll besetzt, viele Gäste genießen die laue Sommernach­t.
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BILD: SN/BERTHOLD SCHMID Das Gedränge vor den Lokalen in der Gstättenga­sse geht los.

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