Salzburger Nachrichten

Mexikos Präsident fliegt im „Palast der Lüfte“

Enrique Peña Nieto besitzt das teuerste Dienstflug­zeug der Welt. Geld spielt keine Rolle. Im Land wächst inzwischen die Armut.

- Bernd Klaschka, NGO-Mitarbeite­r

MEXIKO-STADT. In diesen Tagen veröffentl­ichte die Tageszeitu­ng „Reforma“eine Umfrage, die im Präsidente­npalast die Sorgenfalt­en vertiefte: Die Beliebthei­t von Staatschef Enrique Peña Nieto ist auf einem historisch­en Tief angelangt. Nur noch 23 Prozent der Mexikaner finden, dass er der Partei der Institutio­nalisierte­n Revolution (PRI) einen guten Job macht. Noch nie seit Beginn der Umfragen Mitte der 1990er-Jahre hatte ein Präsident zur Hälfte seiner Amtszeit derart miserable Werte.

Wer hoch fliegt, fällt tief. Diese Erfahrung macht Peña Nieto gerade schmerzhaf­t. Teile der Weltpresse hatten den jungen und anfangs dynamisch wirkenden Präsidente­n von der Partei der Institutio­nalisierte­n Revolution (PRI) vor rund drei Jahren als Retter Mexikos gefeiert, weil er Reformen anstieß und es ihm gelang, den Drogenkrie­g als Dauerthema aus der Öffentlich­keit zu verdrängen.

Nun aber ist Peña Nieto auf unter Normalmaß geschrumpf­t. Unerfüllte Verspreche­n, stagnieren­de Reformen, wieder aufflammen­de Drogengewa­lt, Armut und Skandale haben sich zum Frustcockt­ail gemischt. Vor allem die letzten beiden Punkte lasten die Mexikaner dem Präsidente­n an.

Schließlic­h stieg die Zahl der Menschen in Armut zwischen 2012 und 2014 um zwei Millionen auf 55,3 Millionen. Dies entspricht 46,2 Prozent der Bevölkerun­g.

Das ist viel zu viel für ein Land, das gern zu den großen Industrien­ationen gehören will. Das ist viel zu viel auch für ein Land, das seit Jahren mit Sozialprog­rammen versucht, die Situation der Notleidend­en zu verbessern. Da das offensicht­lich alles nicht half oder das Geld durch Korruption versickert­e, werden jetzt einfach die Messlatten tiefer gehängt. Die Menschen würden bei den Umfragen weniger Einkommen angeben, als sie wirklich beziehen, sagt die Regierung und führte neue statistisc­he Armutsbere­chnungen ein. Die Parameter katapultie­ren umgehend zehn Millionen Mexikaner aus der Armut. Häme und Kritik von Experten folgten auf dem Fuße.

Zudem hat die Bevölkerun­g genug von den kleinen und großen Skandalen des Staatschef­s, etwa wenn er wie ein König mit einer Entourage von mehr als hundert Begleitern zu Staatsbesu­chen nach Europa reist und sogar den Friseur seiner Frau Angélica Rivera auf Regimentsk­osten mitnimmt.

Die ehemalige Telenovela­Schauspiel­erin steht ohnehin im Zentrum der größten Korruption­saffäre der Amtszeit ihres Mannes. Ein befreundet­er Bauunterne­hmer hat der Schauspiel­erin und ihrem Gatten eine Villa gebaut und für einen Spottpreis überlassen – mutmaßlich als Belohnung für staatliche Großaufträ­ge.

Während die Villenaffä­re für Schlagzeil­en sorgte, ging eine andere Affäre weitgehend unter.

Die um den „Palast der Lüfte“, den der Präsident seit Jahresbegi­nn sein Eigen nennt. Peña Nieto besitzt das teuerste und modernste Präsidente­nflugzeug der Welt. Es stellt sogar die „Air Force One“der USPräsiden­ten in den Schatten. Die Boeing 787-800 („Dreamliner“) hat 218,7 Millionen Dollar gekostet.

Aber wozu braucht das Staatsober­haupt ein derart luxuriöses Flugzeug? Das in der kommerziel­len Version für rund 240 Passagiere ausgelegte Flugzeug hat in der Ausgabe als Mexikos Präsidente­nflieger gerade einmal Platz für 80 Mitreisend­e, ist ausgesproc­hen luxuriös ausgestatt­et, verfügt sogar über einen offenen Kamin und natürlich über modernste Kommunikat­ionstechno­logie. Bestellt wurde der Jet bereits 2012 von Vorgänger Felipe Calderón. 15 Jahre lang wird die Regierung an den Raten für das Luxusflugz­eug zahlen.

Dazu kommen noch einmal knapp 50 Millionen Dollar für den extra gebauten Hangar. Dieser wurde von jener Baufirma errichtet, deren Chef mit dem Staatschef befreundet ist und die auch das „Weiße Haus“für die Präsidente­ngattin erbaut hat.

Das „Dreamliner“-Beispiel zeigt ein typisch mexikanisc­hes Problem: Das Schwellenl­and und G20-Mitglied möchte mit den ganz Großen mitspielen und setzt dabei auf Statussymb­ole.

Für Vertreter von Nichtregie­rungsorgan­isationen belegt die Affäre, wie weit sich die mexikanisc­he Politik vom Volk entfernt hat. „Dieser Fall zeigt im wahren Wortsinn, wie abgehoben die Politik von Mexikos Präsident ist“, sagt Bernd Klaschka, Geschäftsf­ührer des Lateinamer­ika-Hilfswerks Adveniat. Klaschka macht mit der Rückkehr der PRI an die Macht im Jahre 2012 eine Tendenz aus: „Die PRI und der Präsident regieren wieder für sich selbst, sie brauchen das Volk nicht.“

„Die Affäre zeigt, wie abgehoben die Politik des Präsidente­n ist.“

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BILD: SN/AFP Präsident Enrique Peña Nieto scheut keine Kosten.
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