Salzburger Nachrichten

„Ich will es hier zu etwas bringen“

Nach seiner Flucht aus Aleppo hat Wahid Zalat in Thalgau Fuß gefasst.

- Maria Brandner über Wahid

THALGAU. „Verzeihen Sie, können Sie das wiederhole­n? Ich habe Sie nicht verstanden.“Wahid Zalat spricht leise und bedacht, wie er da in einem der wuchtigen Sessel im Calouba, einem Restaurant mit amerikanis­cher Küche in Thalgau, sitzt. Er wirkt ein wenig verloren in dem schrill eingericht­eten Lokal, das seit ein paar Wochen sein Arbeitspla­tz ist. Das mag aber auch daran liegen, dass er vor allem in der Küche werkt und nicht im Gastraum. Dort hilft der 21-jährige Syrer bei der Zubereitun­g der Speisen und wäscht ab. Zur Zufriedenh­eit aller, wie Bürgermeis­ter Martin Greisberge­r betont, der nicht nur die Geschicke der Gemeinde lenkt, sondern auch Chef des Calouba ist. „Der Wahid ist ein geschickte­r Bursch, er packt mit an und ist sich für nichts zu schade. Ich bin überzeugt, dass er es in Österreich zu etwas bringen kann.“

Das ist auch das Ziel des Syrers, der vor zwei Jahren erst in die Türkei und ein Jahr später weiter in den Westen floh. Mit ihm seine Familie, die er auf der Flucht verlor. Sein Vater, die Stiefmutte­r und ein paar der acht Geschwiste­r schlugen sich bis Holland durch. Wahid wurde in Österreich angehalten und nach Traiskirch­en im Asylquarti­er Thalgau untergebra­cht. „Damals wusste ich nicht, wo ich gelandet bin, was für ein Land Österreich ist.“Das war im Mai 2015.

Gut ein Jahr später schätzt er die Natur, die Seen, die Berge und die saubere Umwelt. Inzwischen spricht Wahid ziemlich gut Deutsch. Und hat damit Punkt eins auf seiner „Österreich-Liste“so gut wie abgehakt. Deutsch lernen steht dort an erster Stelle, gefolgt von: eine Wohnung finden und einen Job suchen. Auch hinter Punkt zwei kann er ein Häkchen machen, denn seit ein paar Wochen lebt er in einer Gemeindewo­hnung, vorübergeh­end. Derzeit werden Wohnungen im Calouba umgebaut, in eine von ihnen soll er im Herbst ziehen. Punkt drei ist mit seinem Job als Küchenhelf­er auch erledigt. Diese Anstellung hat er zum einen dem Engagement der Thalgauer Pensionist­in Maria Brandner zu verdanken, zum anderen dem Umstand, dass sich auf die Stellenanz­eige wochenlang niemand meldete.

Maria Brandner übt mit Flüchtling­en im Asylquarti­er Deutsch. „Wahid wollte immer noch mehr lernen.“Er habe sich geschickt angestellt und so schnell passabel Deutsch gelernt. Als er seinen positiven Asylbesche­id nach einem Jahr in Österreich in der Tasche hatte, habe er sie gebeten, ihn bei der Arbeitssuc­he zu unterstütz­en. Als sie den Bürgermeis­ter auf einen Job ansprachen, ging alles ganz schnell.

Für Maria Brandner ist Wahid Zalat ein Paradebeis­piel gelungener Integratio­n. „Er will es einfach und tut viel dafür.“Dazu komme auch das Glück des Tüchtigen. Aber die neue Heimat habe auch Schattense­iten. Wahid habe zwar Freunde gefunden, doch die meisten seien Flüchtling­e. „Kontakt zu Österreich­ern hat er wenig und er vermisst die Familie.“In diesen Momenten denke er an seine Ziele. „Mein Vater hat mich gelehrt, dass man aus eigener Kraft etwas erreichen kann, ohne andere zu bestehlen oder auf Almosen angewiesen zu sein“, sagt Wahid. Er fühle sich wohl in Österreich. Dennoch will er zurück nach Syrien, sobald der Krieg vorbei ist. „Aleppo ist meine Heimat. Ich kann mir nicht vorstellen, für immer hierzublei­ben.“Zu groß seien die kulturelle­n Unterschie­de. So käme es für den gläubigen Moslem nicht infrage, eine Österreich­erin zu heiraten. „Auch wenn mein Herz Ja sagen würde, mein Kopf wäre dagegen. Meine Frau soll Syrerin sein.“

Bis es so weit ist, hat Wahid Zalat noch viel vor. Unter Punkt vier auf seiner Liste steht: eine Kochlehre machen. „Sobald mein Deutsch gut genug für die Berufsschu­le ist.“Die Unterstütz­ung seines Chefs ist ihm gewiss.

„Er will es einfach und tut viel dafür.“

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Wahid Zalat an seinem Arbeitspla­tz

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