Salzburger Nachrichten

Parlament zieht in die Hofburg

Die Vorbereitu­ngen für die Übersiedlu­ng des Hohen Hauses laufen auf Hochtouren. Schon jetzt werden Tausende Seiten Papier digitalisi­ert – und weniger wichtige Dokumente entsorgt.

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WIEN. Ein „Jahrhunder­tprojekt“nimmt langsam Formen an. Besucher des Parlaments merken bei den Führungen durch das geschichts­trächtige Gebäude zwar noch nichts von einer bevorstehe­nden Übersiedlu­ng, aber hinter den Kulissen laufen die Vorbereitu­ngen schon voll an. Denn mit Ende Juni 2017 wird das dringend sanierungs­bedürftige Hohe Haus für Besucher gesperrt, bis Sommer 2020 soll die Generalübe­rholung abgeschlos­sen sein.

„Wir sind voll im Zeit- und Kostenplan. Derzeit werden für drei Pavillons die Fundamente errichtet“, erzählt Vizeparlam­entsdirekt­or Alexis Wintoniak. Und zwar auf dem Heldenplat­z und im Bibliothek­shof, wo Büros und Ausschussl­okale in Fertigteil­häusern untergebra­cht werden. „Die Module aus Fichtenhol­z werden vor Ort zu Häusern zusammenge­baut und nach der Rückübersi­edlung wiederverw­endet. Je nach Bedarf als Schulen, Kindergärt­en oder Wohnhäuser“, sagt Wintoniak. Nachsatz: Es werde weniger Platz geben, dafür moderne und funktional­e Arbeitsplä­tze.

Zumindest die Tagungen der Volksvertr­eter werden in feudalem Rahmen stattfinde­n: Das Plenum des Nationalra­ts und auch der Bundesrat werden im Redoutensa­al in der Hofburg ihre Sitzungen abhalten.

Die Bedienstet­en des Hohen Hauses werden indirekt schon jetzt mit der Übersiedlu­ng konfrontie­rt. Wintoniak spricht von einem Digitalisi­erungsschu­b, einer „Sommerbesc­häftigung fürs Parlament“. Die Mitarbeite­r sind damit beschäftig­t, wichtige Dokumente zu scannen und zu digitalisi­eren. Alte, nicht mehr benötigte Papiere werden aussortier­t und entsorgt. Im ganzen Haus seien Wagen mit Scangeräte­n unterwegs. Die Zielvorgab­e laut Wintoniak: 60 Prozent des Papiers sollen entsorgt, 30 Prozent digitalisi­ert und nur zehn Prozent physisch ins Ausweichqu­artier mitgenomme­n werden.

Der Umzug wird in jedem Fall ein Kraftakt: Insgesamt müssen rund 700 Tische, 68 Stahlschrä­nke und Tresore, 1700 Sessel und 1400 Schränke transferie­rt werden. Rund 700 Bedienstet­e sind betroffen. Dazu kommt die Bibliothek, deren Bestand schon ab Oktober abgesiedel­t wird. 4200 Laufmeter müssen in die Parlaments­rampe bzw. ins Palais Epstein geschafft werden.

Dietmar Nestlang, Projektlei­ter des Parlaments­umzugs, sagt, dass die Bedienstet­en über jeden Projektsch­ritt genau informiert würden und alle gut vorbereite­t seien. „Natürlich wird es eine große Herausford­erung für jeden Einzelnen von uns. Aber so weit als möglich werden auch die persönlich­en Möbel jedes Einzelnen übersiedel­t. Damit nimmt man Druck weg.“Den Betroffene­n sei bewusst, dass sie drei Jahre in einem Standard-Bürogebäud­e arbeiten müssten – „das ist kein Parlament“, so Nestlang.

Derzeit wird in einem Vergabever­fahren entschiede­n, welche Spedition die Übersiedlu­ng durchführe­n soll. Ab Juli 2017 werden in fünf Blöcken jeweils 150 Arbeitsplä­tze an verlängert­en Wochenende­n (von Donnerstag­abend bis Sonntag) übersiedel­t. Die Kosten für die Interimslo­kalitäten sind gesetzlich limitiert – mit 51,4 Millionen Euro.

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BILD: SN/APA/GEORGES SCHNEIDER Im Redoutensa­al in der Hofburg tagen ab Herbst 2017 Nationalra­t und Bundesrat.

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