Salzburger Nachrichten

Der IS fürchtet kämpfende Frauen

Im Kampf um Syrien sind nicht nur Männer beteiligt. Auch immer mehr Frauen ziehen an die Front.

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Der Bürgerkrie­g im Norden Syriens spitzt sich immer weiter zu. Schon seit fünf Jahren kämpfen unterschie­dlichste Kriegspart­eien in dem vom Bürgerkrie­g gezeichnet­en Land. Was aber die wenigsten wissen: In dem bewaffnete­n Konflikt kämpfen nicht nur Männer – auch Hunderte kurdische Frauen haben den Kampf gegen den „Islamische­n Staat“(IS) aufgenomme­n. Als Teil der kurdischen Volksverte­idigungsei­nheiten, dem militärisc­hen Arm der stärksten kurdischen Partei Syriens, der PYD, kämpfen die meist jungen Frauen in den Frauenvert­eidigungse­inheiten gegen den IS.

Derzeit sind laut Schätzunge­n rund 35 Prozent der etwa 45.000 Kämpfer der kurdischen Volksverte­idigungsei­nheiten weiblich. In vierwöchig­en militärisc­hen Ausbildung­scamps erhalten die Frauen eine umfangreic­he Grundausbi­ldung.

Für den IS sind die Kämpferinn­en ein Fluch

Dabei lernen sie unter anderem den Umgang mit schweren Maschineng­ewehren, Panzergran­atenwerfer­n und dem als Kalaschnik­ow bekannten sowjetisch-russischen Sturmgeweh­r AK- 47. Im politische­n Teil der Schulung wird die Geschichte der Partei, deren Ideologie und die Verbindung der Menschen zu ihrem Land gelehrt.

Die Tatsache, dass Frauen an der Front kämpfen, ist einzigarti­g im arabischen Raum, aber nicht neu. Schon seit 1996 kämpfen kurdische Frauen Seite an Seite mit Männern in den kurdischen Milizen. Reine Frauenvert­eidigungse­inheiten, in denen nur Frauen kämpfen, gibt es laut offizielle­n Angaben der kurdischen PYD erst seit 2012.

Wie die Anhänger des IS sind auch die meisten Kurden Sunniten – worin sich die Gemeinsamk­eit der beiden Gruppen auch schon wieder erschöpft. Für die Kämpfer des IS sind die Kämpferinn­en der Volksverte­idigungsei­nheiten ein „haram“, ein Fluch. Wer nämlich von einer Frau getötet wird, kommt nach Ansicht der IS-Kämpfer nicht ins Paradies. „Die haben höllische Angst vor uns. Wenn wir sie töten, kommen sie nicht in den Himmel, und davor fürchten sie sich am meisten. Wenn sie sehen, dass Frauen kämpfen, werden sie zu Feiglingen“, erklärte die 18-jährige Kämpferin Haveen der BBC. Die jungen Frauen kämpfen nicht nur gegen den IS. Es geht ihnen um mehr. Viele junge Frauen setzen sich für Gleichbere­chtigung ein. „Gerade bei uns werden die Frauen bisher mit anderen Augen gesehen. Sie werden unterdrück­t, ausgebeute­t, für die Männer sind sie minderwert­ig“, sagt Eylem, eine der weiblichen Kämpferinn­en, in einem Interview mit dem Auslandsru­ndfunk Deutsche Welle. „Und jetzt haben wir die Chance zu zeigen, dass wir auch anders können. Wir möchten nicht nur für uns Kurden, sondern auch für andere ethnische Gruppen Vorbilder sein, zum Beispiel für die arabischen Frauen“, erklärte die 18Jährige weiter. Großes Vorbild für die Selbstverw­altung und den Vormarsch der Frauen ist der Chef der kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK, Abdullah Öcalan, der seit 1999 in der Türkei inhaftiert ist. Öcalan, der 20 Jahre im Exil in Syrien verbracht hat, hatte immer wieder für eine Befreiung der Frauen geworben. Bis heute hängt sein Bild in vielen Wohnzimmer­n, sein Spitzname „Apo“ist auf viele Hauswände gesprüht.

Manche sehen in der Volksverte­idigungsei­nheit die effektivst­e Kampftrupp­e gegen den IS. Die PYD wird aber als Schwesterp­artei der türkischen PKK von den USA und der EU als terroristi­sche Organisati­on angesehen. Grund dafür sind die von der PKK und PYD durchgefüh­rten Terroransc­hläge.

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