Jeder sucht gern im Internet Urlaub
Die Insolvenz des fluege.de-Betreibers Unister wird den Boom von Reiseportalen und Urlaubssuchmaschinen nicht bremsen. Im Gegenteil: Sie könnte den Onlinemarkt sogar ankurbeln.
Unister kannte bis zum mysteriösen Venedig-Deal und dem tödlichen Flugzeugabsturz von Firmengründer Thomas Wagner (38) kaum jemand. Die Onlinereiseportale, die das mittlerweile insolvente Leipziger Unternehmen betreibt, darunter ab-in-den-urlaub, fluege.de und Flug24 kannten und nutzten viele Urlauber, auch aus Österreich. Unister war offenbar so knapp bei Kasse, dass Wagner sich auf windige Investoren einließ, die ihm in Venedig Falschgeld andrehten. Auf der Heimreise stürzten er und ein weiterer Manager in Slowenien ab. Mittlerweile ermittelt die deutsche Justiz (die Steuerfahnder hatten Unister schon länger im Visier) und es gibt Meldungen, dass rechtsradikale Kreise – auch aus Österreich – als Investoren im Hintergrund an Bord waren.
Dass das 2002 gegründete Unternehmen ein so unrühmliches Ende genommen hat, liegt nicht am Geschäftsmodell. Generell kommen am Online-Reisemarkt immer neue Plattformen dazu, gerade in Deutschland. Und die Großen verdienen gutes Geld mit den Klicks bei der Suche nach günstigen Flügen, Mietwagen und Hotelzimmern.
Michael Buller, Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb (VIR), ärgert sich noch jetzt über die oft ungesetzlichen Methoden, mit denen Unister Kunden angelockt haben soll, von scheinbar niedrigen Einstiegspreisen über versteckte Gebühren bis zu überhöhten Stornokosten. „Wenn der Größte das tut, verändert das den ganzen Markt“, sagt er. „Das hat allen nicht gutgetan.“Unister sei aber nicht Standard der Industrie, sagt Buller und setzt große Hoffnungen in den künftigen Käufer von Unister. Sollte ProSiebenSat.1, einer der kolportierten Bieter, fluege.de kaufen, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung, sagt er. Nach Angaben von Insolvenzverwalter Lucas Flöther gibt es rund 20 ernsthafte Interessenten.
Für Buller ebenso wie für Jan Valentin, Europachef der Reise-Metasuchmaschine Kayak, sind OnlineReiseplattformen heute unverzichtbar: Sie geben einen raschen und umfassenden Überblick über das Angebot an Flugverbindungen und Hotels und die zahllosen Kombinationsmöglichkeiten für Pauschalreisen. Deshalb finde man im Internet den besten Preis, betont Buller. Darüber hinaus bieten sie eine zusätzliche Marketingplattform für Airlines, Hotels, Reiseanbieter und Restplatzbörsen. „Die Kunden brauchen das“, ist Valentin überzeugt.
Die Zahlen geben den beiden recht, auch wenn der deutsche Reiseverband kürzlich wieder eine Rückkehr der Urlauber aus dem Netz ortete. 2016 haben 43 Prozent der Deutschen schon im Internet eine Urlaubsreise gebucht, geht aus einer aktuellen Studie der deutschen Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen hervor. 2010 waren es nur 29 Prozent. Hierzulande haben laut einer market-Umfrage drei Viertel der Österreicher bereits einmal über ein Hotel-Portal gebucht. 46 Prozent suchten das Zimmer für einen Urlaub in Österreich mittlerweile per Online-Portal.
Bei Hotels und Privatzimmern bzw. -wohnungen dominieren klar Booking, Expedia und Airbnb den globalen Markt. Bei Flugsuchmaschinen gibt es noch starke regionale Marken wie fluege.de in Deutschland, checkfelix in Österreich oder bravofly in Italien. checkfelix, vom Kärntner Eventmanager Hannes Jagerhofer gegründet, gehört heute ebenso zu Kayak, einer der großen Reisesuchmaschinen in Europa, zu der auch swoodoo zählt. Kayak wiederum ist so wie Booking oder der Restaurant-Reservierer OpenTable ein Unternehmen der milliardenschweren Priceline-Gruppe, die sich mit Expedia ein Kopf-an-KopfRennen um den größten Reiseverkäufer im Netz liefert. Expedia hat zuletzt um Milliarden zugekauft, darunter Orbitz (ebookers, cheaptickets) und den Airbnb-Konkurrenten HomeAway.
Der Trend werde auch bei Flügen in Richtung einiger weniger Anbieter gehen, meint Kayak-Europachef Valentin. VIR-Vorstand Buller erwartet zwar ebenfalls zunehmende Konzentration, parallel entstünden aber mit neuen Technologien immer neue Unternehmen wie etwa Holidaypirates, die Schnäppchen suchen und vergleichen.
Bei Kayak und den Schwesterplattformen gibt es seit zwei, drei Monaten eine Tendenz, über Smartphone zu buchen. „Je jünger die Nutzer sind, desto mehr“, sagt Valentin. Dazu kommen neue Kommunikationsund Bewertungsinstrumente für Nutzer, mit denen künftig noch deutlicher werden sollte, wer im Online-Reisegeschäft korrekt arbeitet und wer nicht.
„Das hat der Branche nicht gutgetan.“Michael Buller