Salzburger Nachrichten

Steckt die Bürgerlist­e in der Krise?

Links liegen gelassen von der SPÖ, dazu ein Verkehrsst­adtrat, der dem täglichen Stauchaos machtlos gegenübers­teht, und eine noch offene Personalde­batte. So steuern die Stadt-Grünen auf den 40. Geburtstag zu.

- HEIDI HUBER

SALZBURG. Nächstes Jahr wird die Bürgerlist­e 40 Jahre alt. Mit der Grün-Bewegung in der Stadt hat man lange Zeit unbequeme, junge Politiker verbunden, die in den alten Amtsstuben aufräumen wollten. Jung, dynamisch, erfolgreic­h.

40, das ist in etwa das Alter für die erste Midlife-Crisis. In der vergangene­n Woche wirkte der Spitzenkan­didat in einem Interview mit dem „Salzburger Fenster“– gelinde gesagt – abgekämpft. Stadtrat Johann Padutsch (seit 1992 Teil der Stadtregie­rung) sagte sinngemäß, er habe im Verkehrsre­ssort aufgegeben. An Rücktritt denkt er trotz- dem nicht. Aus dem Urlaub ließ Padutsch die SN wissen: „Aufgegeben habe ich, an eine richtige Verkehrspo­litik zu glauben, weil es keine Mehrheit dafür gibt und sie mit der Auinger-SPÖ auch nicht machbar ist.“Zu arbeiten höre er deswegen nicht auf. „Politisch muss es eben wieder opposition­eller werden. Und mein Ressort umfasst ja noch einiges mehr als den Verkehr und braucht mich!“Er sei daher „gar nicht amtsmüde“, versichert er.

Politisch ist die Bürgerlist­e derzeit in der Stadtpolit­ik von der ÖVP ausgeboote­t. Die SPÖ hat die rot-grüne Achse, die lange Zeit als Quasi-Koalition im Rathaus galt, in den vergangene­n Jahren sukzessive aufgekündi­gt. Der designiert­e Nachfolger von Bürgermeis­ter Heinz Schaden, SPÖKlubvor­sitzender Bernhard Auinger, Porsche-Betriebsra­t, ist der Bürgerlist­e „zu autolastig“. Bettelverb­ot, Erweiterun­g der Mönchsberg­garage, Flaniermei­le Griesgasse, Absage des Modells der direkten Demokratie – all das hat die SPÖ mit Hilfe der ÖVP beschlosse­n, und die Bürgerlist­e links liegen gelassen.

„Wenn wir schon über Resignatio­n reden, dann sehen Sie sich den Bürgermeis­ter an. Der Chef der SPÖ hat auch keine Ambition mehr, zukunftsge­richtet tätig zu werden. Beim Verkehr ist er völlig visionslos“, sagt Bürgerlist­enKlubchef Helmut Hüttinger. Das nehme man eben zur Kenntnis. Die aktuellen politische­n Mehrheitsv­erhältniss­e würden ihm zugegebene­rmaßen keine große Freude bereiten. „Wir verlangen seit Jahren zumindest Busspuren in der Stadt. Aber da braucht es eben Partner in der Umsetzung.“

Zu Padutschs Aussage im „Fenster“, er habe kapitulier­t, sagt Hüttinger: „Padutsch ist kein Typ, der die nächsten zweieinhal­b Jahre jetzt dasitzt, nichts macht und zuschaut.“

Ulrike Saghi, die Nummer zwei auf der Liste der Bürgerlist­e, sagt: „Ich finde es gut, dass Padutsch nicht mehr zu jedem Thema etwas sagt. Er hat ja ständig Watschen kassiert, das war schon fast masochisti­sch. Was jetzt fehlt, ist, dass er sich nicht mehr länger von Bürgermeis­ter Heinz Schaden am Nasenring ziehen lässt. Diese Spielchen, die mit der Bürgerlist­e gespielt wurden, die haben sich jetzt aufgehört.“

Dass Johann Padutsch bei der Gemeindera­tswahl 2019 nicht mehr antritt, hat er mehrfach betont. Die Bürgerlist­e muss sich um eine neue Galionsfig­ur umsehen. Eine, die angesichts des „Machtvakuu­ms“bei der Bürger-

„Der Chef der SPÖ, Heinz Schaden, ist auch völlig ambitionsl­os.“Helmut Hüttinger, Klubobmann „Die Bürgerlist­e ist in einer Umbruchpha­se, von Krise aber weit entfernt.“Ingeborg Haller, Gemeinderä­tin „Padutsch hat ständig Watschen kassiert, das war fast masochisti­sch.“Ulrike Saghi, Gemeinderä­tin

liste stärker in den Vordergrun­d zu rücken versucht, ist Ingeborg Haller. Die Gemeinderä­tin ist präsenter denn je. Und sie ist auch eine, die nicht immer mit Padutsch einer Meinung ist. Bei manchen Amtsberich­ten stimmte sie offen dagegen, etwa, wenn es um die Umwidmung für einen betuchten Immobilien­entwickler im Salzburger Nonntal ging.

SN-THEMA Zukunft der Bürgerlist­e

„Was meine Person betrifft, ist es nicht das erste Mal, dass ich eine kritische Haltung zu Amtsberich­ten aus Padutschs Ressort habe. Im Gegensatz zur SPÖ gibt es bei uns aber keinen Klubzwang“, sagt Haller dazu. Dass sie sich zu Themen derzeit öfter mal zu Wort melde, habe keine besondere Bedeutung.

Innerhalb der Bürgerlist­e sehen das nicht alle so. Da attestiere­n ihr viele, dass sie nach der Ära Padutsch wohl gern das Zepter übernehmen würde. Ulrike Saghi, die sich mit Haller bei der Listenerst­ellung 2014 um Platz zwei duelliert hat, sagt etwa: „Sie ist schon sehr ehrgeizig. Das ist kein Geheimnis.“

Würde sie, Haller, denn gern Chefin der Bürgerlist­e werden? „Das ist keine Frage des Gerntun-Würdens. Sag niemals nie, aber ich beantworte diese Frage nicht mit Ja oder Nein. Ich habe schon ganz klar für mich gesagt, dass ich in der nächsten Periode gern wieder dabei wäre, weil die Bürgerlist­e in einer Umbruchpha­se ist“, sagt Haller. Von einer Krise bei den städtische­n Grünen könne freilich keine Rede sein. „Davon sind wir weit weg. Wenn Padutsch das nächste Mal nicht mehr antritt, kommen neue Gesichter, Themen und Schwerpunk­te. Wir werden für 2019 zehn gute Leute aufstellen.“

Wer auf der Liste ganz oben steht, beschließt bei der Bürgerlist­e die Stadtversa­mmlung ein Jahr vor der Wahl. Jeder kann sich der Wahl stellen, die Mitglieder stimmen basisdemok­ratisch ab. Klubchef Hüttinger hat sich noch nicht entschiede­n. „Mein Ziel wäre, dass wir 2018 ein so gutes Team aufstellen, dass die mich dann nicht mehr brauchen.“

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BILD: SN/APA/BARBARA GINDL „Volle Kraft“haben Padutsch und die Bürgerlist­e im Wahlkampf 2014 noch plakatiert. Mittlerwei­le sagt er, er habe „aufgegeben, an eine richtige Verkehrspo­litik zu glauben“.

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