Salzburger Nachrichten

Wieweit dürfen Kameras im Auto den Verkehr aufzeichne­n?

Es ist nicht verboten, Videoaufze­ichnungen aus dem Auto heraus vor Gericht als Beweismitt­el nach Unfällen zu verwenden. Derzeit können diese aber noch mehr Ärger als Nutzen bringen.

- KATRIN SPEIGNER Katrin Speigner ist Rechtsanwä­ltin in Salzburg.

Urlaubszei­t ist Hauptverke­hrs- und Unfallzeit. Wer hatte nicht schon einmal unliebsame Erfahrunge­n wegen plötzliche­r Beweisprob­leme nach einem Verkehrsun­fall, sei es auch nur ein banaler Blechschad­en gewesen. Wenn der Unfallgegn­er partout nichts mehr von seiner Aussage kurz nach dem Crash wissen will und plötzlich abstreitet, ganz unvermitte­lt abgebogen und damit allein schuld am Unfall zu sein, ist guter Rat oft teuer.

Kein Wunder, dass Findige hierfür eine Lösung gefunden haben: Dashcams. Mit diesen Armaturenb­rett-Kameras kann das Verkehrsge­schehen direkt aus dem Auto heraus aufgezeich­net werden. Dieser Lösung steht allerdings entgegen, dass die Videoüberw­achung des öffentlich­en (Straßen-)Raumes in Österreich – anders als in vielen europäisch­en Staaten – ausschließ­lich den Sicherheit­sbehörden obliegt. Privatpers­onen fehlt es an der „gesetzlich­en Ermächtigu­ng“, aus dem fahrenden Auto heraus systematis­ch Bilder vom Verkehrsge­schehen aufzuzeich­nen und diese für den Fall des Falles als Beweismitt­el zu verwenden.

So wurde der Versuch, ein System für die Beweissich­erung von Verkehrsun­fällen bei der Datenschut­zbehörde registrier­en zu lassen, bei der die Auflösung der Bilddaten so gewählt wurde, dass ohnehin nur ein kleiner Randbereic­h rund um das Fahrzeug klar wiedergege­ben wurde, Kfz-Kennzeiche­n oder Personen jedoch verschlüss­elt waren, vom Bundesverw­altungsger­icht abgewiesen.

Die Begründung: Eine Identifizi­erbarkeit von Personen oder Kennzeiche­n sei nicht ausgeschlo­ssen und man habe auch kein überwiegen­des öffentlich­es Interesse glaubhaft machen können. (BVWG 30. 1. 2015, W214201110­4-1/9e).

Ein Verbot, diese widerrecht­lich erlangten Aufnahmen in einem Gerichtsve­rfahren als Beweis zu verwerten, gibt es in der heimischen Zivilproze­ssordnung aber nicht. Es droht jedoch theoretisc­h eine Sanktionie­rung mit empfindlic­hen Strafen wegen des Verstoßes gegen das Datenschut­zgesetz, die bis zu 25.000 Euro betragen können. Auch Verstöße gegen Persönlich­keitsrecht­e, wie das „Recht am eigenen Bild“, können sanktionie­rt werden, wenn eine Videoseque­nz ohne Einwilligu­ng der aufgezeich­neten Person weiterverb­reitet wurde.

Selbstvers­tändlich gibt es aber auch Ausnahmen von diesem generellen Verbot der Bildaufzei­chnung im öffentlich­en Raum. So kann es aus statistisc­hen und/oder wissenscha­ftlichen Gründen gerechtfer­tigt sein, das Verkehrsge­schehen und Verkehrsve­rhalten aufzuzeich­nen, um Rückschlüs­se für die Verbesseru­ng von Verkehrssi­cherheit und zur Prävention von Unfällen etc. ziehen zu können (§ 46 Datenschut­zgesetz).

Gerade bei solchen Verkehrsst­udien wäre es unmöglich oder mit einem unverhältn­ismäßigen Aufwand verbunden, die Zustimmung sämtlicher betroffene­r Verkehrste­ilnehmer einzuholen. Dabei sind aber strenge Auflagen der Datenschut­zbehörde einzuhalte­n, insbesonde­re muss ein gewichtige­s „öffentlich­es Interesse“für die Verarbeitu­ng von „personenbe­zogenen“Daten nachgewies­en werden. Der Personenbe­zug, also die Möglichkei­t zur Identifizi­erung einer bestimmten Person, ist jedenfalls spätestens dann zu beseitigen, wenn er für die wissenscha­ftliche Arbeit nicht mehr notwendig ist.

Vergleichs­weise unproblema­tisch aus datenschut­zrechtlich­er Sicht ist hingegen das Filmen einer wilden Mountainbi­ke- oder Skiabfahrt mit der Helmkamera, sofern das Video rein für private Zwecke (§ 45 Datenschut­zgesetz) aufgenomme­n wird, auch wenn dabei andere Fahrzeuge oder Personen erfasst werden. Es darf jedoch nicht in eine systematis­che Überwachun­gstätigkei­t oder ein bewusstes Sammeln von Beweismate­rial ausarten.

Ebenso wäre die bloße Videoüberw­achung des Fahrzeugin­nenraums zum Schutz vor Diebstahl oder Vandalismu­s grundsätzl­ich zulässig, wenn auch meldepflic­htig.

Um Beweisschw­ierigkeite­n nach einem Verkehrsun­fall vorzubeuge­n, empfiehlt es sich daher nach wie vor, unmittelba­r nach dem Unfall möglichst viele Fotos anzufertig­en und einen Unfallberi­cht auszufülle­n.

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BILD: SN/FOTOHANSEL - FOTOLIA Sogenannte Dashcams dürfen in Österreich nur sehr eingeschrä­nkt genutzt werden.

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