Salzburger Nachrichten

Armer Thomas Bernhard . . .

- 5020 Salzburg

Einst Publikums- und Medienerre­ger wird heute über deine Attacken gegen die Kultur, gegen Ausbildung, Ärzteschaf­t u. a. m., dargeboten im Landesthea­ter in „Der Ignorant und der Wahnsinnig­e“, geschmunze­lt und gelacht von einem Publikum, das du mit deinen Angriffen herausford­ern wolltest. Deine Worttirade­n haben sich ebenso „erschöpft“wie die Koloratu- ren der Sängerin. Am Ende des Stückes sind beide tot, die Sängerin und du als Dichter, „total erschöpft“in einem verlorenen Kampf. Das Licht muss nicht ausgedreht werden, denn geistig ist es in unserer Kultur und Politik vielfach so finster wie in deinem Grab. In unserer Stumpfheit sind wir nicht mehr zu erreichen, nicht durch die Botschafte­n von „Jedermann“noch durch den „Sturm“. Themen im Festspiels­ommer waren Zweitwohnu­ngen, der Stau, „unser“Versagen bei der Olympiade, Themen auch die Kleider der Königin der Nacht in deinem Stück und das von Putin-Freundin Netrebko. Diskutiert wurde, ob die Buhlschaft „sexy“genug für ihre Rolle sein kann. Und die Festspielp­räsidentin wird wohlwollen­d verlängert, schafft sie es doch, das anwesende Kapital, das unseren vielfachen Weltunterg­ang mit verschulde­t, zu einem edlen Sponsoring zu überreden. Klimawande­l, Mauern gegen und Inseln für die Flüchtling­e, IS-Terror – durch unsere Geschäfte mit den Saudis und der Türkei mitfinanzi­ert –, der Trump-Skandal, die Regierunge­n in Iran, Ungarn, Polen, auf den Philippine­n, der Krieg in Syrien, Kriegsspie­le in China und der Ukraine, der Rechtsruck in Österreich, ein Opus-DeiMann als neuer Pressespre­cher beim Papst? Liebe Intendante­n, Regieführe­nde, Ausstellen­de, Künstlerin­nen, Besucher/-innen: Haben uns die Kleider von Anuschka und der Königin der Nacht gefallen? War uns die Buhle sexy genug? Ferdinand Altnöder,

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