Salzburger Nachrichten

Ein völlig unkritisch­es Interview

- 5020 Salzburg

Zum Interview mit Nestlé-Präsident Peter Brabeck-Letmathe in den SN vom 20. 8. 2016, Seite 15: Äußerst betroffen nehme ich zur Kenntnis, dass es dem Nestlé-Präsidente­n im SN-Interview ermöglicht wurde, sich als ausschließ­lich braver Diener seiner Firma (und Salzburger-Festspiele­Sponsor) zu präsentier­en. Als ob es Herrn Univ.-Prof. Dr. h. c. Jean Ziegler, dem der Salzburger Landesprei­s für Zukunftsfo­rschung im November 2008 verliehen wurde und der u. a. den „Global Player“Nestlé für Hunger und die Ausbeutung in der Dritten Welt (mit) verantwort­lich macht, nicht mehr gäbe. Jean Ziegler spricht von der Agonie und der Korruption in den von der WTO geknebelte­n Staaten der Dritten Welt und liefert Beweise en masse. Ziegler spricht von der „Zerstörung der Menschen“in den Hunger- und Armutsregi­onen unserer Erde. Auch nicht unerwähnt soll/kann in diesem Zusammenha­ng der Film „We feed the World“des österreich­ischen Filmemache­rs Erwin Wagenhofer sein, welcher die Bestrebung­en des Nestlé-Konzerns hinsichtli­ch der Vermarktun­g von Trinkwasse­r (Nestlé Waters) kritisch hinterfrag­t. Während es Herrn Jean Ziegler (auch Mitglied im Beratenden Ausschuss des Menschenre­chtsrats mit Schwerpunk­t Recht auf Nahrung) vor einigen Jahren politisch in letzter Minute verwehrt wurde, die bereits geplante Festspiele­röffnungsr­ede in Salzburg zu halten – er hätte wohl auch verwerflic­he Konzernpra­ktiken von Nestlé (siehe Wikipedia) erwähnt –, bekommt nun ein Nestlé-Konzernver­antwortlic­her die Möglichkei­t eines völlig unkritisch­en Interviews, um seine persönlich­e Haltung als „Diener seiner Firma“zu strapazier­en. Dieser Umstand ist, milde ausgedrück­t, einfach lächerlich.

Zum Abschluss meiner Beschwerde: Das mit den TETA-und TTIP-Abkommen mehr als zu Recht hadernde Europa (EU) hat seit vielen Jahren ein Freihandel­sabkommen (EPA) mit 48 afrikanisc­hen Staaten, welches von Herrn Prof. Dr Boniface Mabanza im Juni 2016 in Linz als ein „Handelssys­tem, wie Krieg gegen die Armen“benannt und mit Beispielen unterlegt wurde. Wirtschaft­skriege sind eben Kriege und Wirtschaft­sflüchtlin­ge demzufolge Kriegsflüc­htlinge. Hans Peter Radauer,

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