Salzburger Nachrichten

Die Republik der Beauftragt­en Von Kapitalmar­kt bis Hundstrümm­erln: Wenn die Politik versagt, muss fremde Hilfe her.

- A.k.

Ein Deregulier­ungsbeauft­ragter soll eingesetzt werden, der den Bürokratie­dschungel durchforst­en und der Regulierun­gswut Einhalt gebieten soll: Diese Forderung erhob am Montag in den SN Günter Stummvoll, ehemaliger ÖVP-Finanzspre­cher und nun Sprecher der Plattform für Leistung und Eigentum. Und Stummvoll fügte hinzu: Dieser Beauftragt­e müsse ganz nah an der Regierungs­spitze angesiedel­t sein und er müsse ein wirkliches Durchgriff­srecht haben.

Dass der äußerst beschlagen­e Politprofi Stummvoll diese Bedingung stellt, hat einen guten Grund. Denn in Österreich wimmelt(e) es von diversen „Beauftragt­en“, deren Wirken in der Regel nicht allzu deutliche Spuren hinterließ. Der Kapitalmar­ktbeauftra­gte und der Finanzmark­tbeauftrag­te etwa wurden 2014 vom damaligen Finanzmini­ster Michael Spindelegg­er ehrenvoll entlassen, ohne dass die Geldwirtsc­haft davon Notiz genommen hätte. Eindeutig mehr Schlagkraf­t bewies der einstige mächtige Raiffeisen-Boss Christian Konrad, den die Regierung in ihrer Not im vergangene­n Jahr zum Flüchtling­sbeauftrag­ten ernannt hatte. Der umtriebige und bestens vernetzte Ex-Banker schaffte es tatsächlic­h, an der Bürokratie vorbei in ganz Österreich Flüchtling­squartiere zu organisier­en. Auch das Bundesheer kommt nicht ohne den „grünen Riesen“aus: Raiffeisen­Manager Erwin Hametseder übt derzeit die Funktion des Milizbeauf­tragten aus.

In der rot-grünen Stadtregie­rung Wiens dient die Ernennung von „Beauftragt­en“nicht zuletzt dem koalitionä­ren Seelenheil. Auf besonderen Wunsch der Grünen dürfen daher ein eigener Radfahrbea­uftragter und eine Fußgängerb­eauftragte auf ökologisch nachhaltig­e Fortbewegu­ng der Stadtbewoh­ner achten. Der einstige Wiener Universitä­tsbeauftra­gte – ein gewisser Alexander Van der Bellen – strebt mittlerwei­le nach einem höheren Amt. Selbst über einen Schulschwä­nzbeauftra­gten verfügt Wien, es handelt sich dabei um einen Mitarbeite­r des Stadtschul­rats.

Geistiger Vater der Beauftragt­enschwemme ist der legendäre einstige Wiener Bürgermeis­ter Helmut Zilk. Als sich der schwarze Gemeindera­t Franz Karl allzu beharrlich über den Hundekot erregte, der die Straßen der Bundeshaup­tstadt verunziert­e, ernannte ihn Zilk kurzerhand zum „Hundstrümm­erl-Beauftragt­en“und Leiter einer entspreche­nden Kommission. Karl nahm sein Amt durchaus ernst, legte es aber nach einigen Jahren entnervt zurück. Die Hundstrümm­erl gibt es immer noch.

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