Usbekischer Präsident liegt auf Intensivstation
Schon jetzt wird über den Tod und die mögliche Nachfolge des Autokraten spekuliert.
Der erzürnte Präsident stürzte sich auf seine ältere Tochter, gab ihr eine Ohrfeige, prügelte auf sie ein, seine Leibwächter versuchten, ihn zu beruhigen: „Sie ist doch eure Tochter! Sie ist doch eine Frau!“Hinterher wanderte Karimow stundenlang allein durch den Garten seines Präsidentenpalastes, wie „Forbes Kasachstan“2013 berichtete. Als er abends zurückkehrte, sollen Tränen in seinen Augen gestanden haben.
Islam Karimow hat als Staatschef von Usbekistan 26 Jahre mit dem oft stressigen Alltag eines Seifenopernpatriarchen hinter sich. Erst galt seine erste Tochter Gulnara als Thronfolgerin, aber die Salonlöwin erboste ihren Vater mit Korruptionsskandalen, Skandalfotos und einem Cousin, der sich brüstete, Gulnara werde ihm bald die Macht im Staat überlassen. Jetzt steht sie unter Hausarrest. Gestern berichtete ihre jüngere Schwester Lola, die angeblich seit zwölf Jahren nicht mehr mit Gulnara spricht, auf Instagram über einen Schlaganfall des 78-jährigen Vaters. Nach einer Gehirnblutung am Samstag sei er auf die Intensivstation gekommen, sein Zustand sei stabil, aber jede Prognose zu seiner Gesundheit verfrüht.
Die Öffentlichkeit aber spekuliert, ob Islam Karimow krank, todkrank oder gar schon tot ist. Und ob Lola jetzt sein Amt übernehmen wird oder Regierungschef und Karimow-Intimus Schawkat Mirsijajew, der seit 13 Jahren im Amt ist. Genaueres weiß niemand. „Eine Situation wie vor Stalins Tod“, sagt der Moskauer Zentralasienexperte Juri Solosubow den SN.
Das postsowjetische Mittelasien wird von Autokraten beherrscht. Karimow hat den Ruf, der grausamste und gerissenste zu sein. Seine Eltern gaben ihn in ein Waisenhaus in Samarkand, er wurde Fabrikmechaniker, arbeitete sich zum Flugzeugingenieur hoch, machte Karriere im Usbekischen Komitee für staatliche Wirtschaftsplanung, wurde 1983 Finanzminister und 1989 Erster Parteisekretär der Republik, er ist ein von der sowjetischen Nomenklatura geprägter Bürokrat. „Sein Bewusstsein, sein Denken und sein Benehmen sind getränkt von Vorsicht, Misstrauen und der Angst, die Macht zu verlieren“, schreibt der Politologe Kamollidin Rabbimow.
Karimow ließ Opposition, Presse, das Internet, selbst Bürgerinitiativen gleichschalten, sein Geheimdienst macht auch im Ausland Jagd auf Regimekritiker. Proteste wurden brutal unterdrückt. Im Mai 2005 erschossen Sicherheitskräfte in der Stadt Andischan Hunderte Menschen, die für die Freilassung von 23 oppositionellen Geschäftsleuten demonstriert hatten. Das Massaker soll Karimow selbst angeordnet haben.
Seit Jahren werden Fotos, auf denen Karimow mit dem ebenfalls nur 1,70 Meter großen Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, abgebildet ist, retuschiert, damit er größer erscheint. Und am Unabhängigkeitstag ließ Karimow sich stets beim Tanzen filmen, um mit seiner Gesundheit zu protzen. Jetzt bleibt abzuwarten, ob sein nächster öffentlicher Auftritt nicht die eigene Beerdigung werden könnte.