„Der Erdog˘ an ist ein Waserl im Vergleich zu Strache“
Karl Schnell erzählt von Pfändungsversuchen der Bundes-FPÖ, kritisiert die aktuelle Raumordnungspolitik und verrät, wen er am 2. Oktober wählen wird.
Sucht man im Archiv nach skandalträchtigen Sagern eines Politikers, ist er die beste Adresse: Karl Schnell (62). Der Arzt aus Saalbach war 1992 bis 2003 Landes- obmann und bis 1997 Landesrat der FPÖ – aus der ihn Jörg Haider zwischenzeitlich ausschloss. 2015 warf ihn Heinz-Christian Strache endgültig aus der Partei. Als Folge gründete Schnell die Freie Partei Salzburg (FPS), für die er weiter im Landtag ist. SN: Sie waren glühender Fan Jörg Haiders, haben ihn per Helikopter zu Auftritten geflogen und sollen gesagt haben: „Bei Haider setzt mein Hirn aus.“Ist das für Sie noch nachvollziehbar? Schnell: Ja. Weil Haider ein Ausnahmemensch war, ein unheimlicher Charismatiker und eines der größten Talente der österreichischen Politik. Aber der Jörg war am Ende nicht mehr der Jörg, wie ich ihn kennengelernt habe und wegen dem ich meinen Arztberuf aufgegeben habe (um als FPÖ-Generalsekretär nach Wien zu gehen, Anm.). Am Anfang war er ein listiger Fuchs, am Schluss nur mehr der böse Wolf. SN: Auch ihren jüngsten Sohn tauften Sie Jörg. Fühlen Sie sich von ihrem Idol, das Sie zwischendurch aus der FPÖ geworfen hat, betrogen? Ich bin ja selbst schuld. Ich war sehr enttäuscht. Aber man ist selbst schuld, wenn man sich nicht wieder aufrappelt und weitermacht. Wenn man jetzt die FPÖ anschaut, muss man ja sagen: Die Partei ist in Ordnung, die Inhalte auch. Aber eine Partei kann halt nix für ihre Führungspersönlichkeiten. Schlimmer ist, was jetzt unter Heinz-Christian Strache stattfindet. Das ist für mich ein trauriges Kapitel. Die Leute haben ja gar nicht mitgekriegt, dass er zwei Drittel der Salzburger FPÖ-Landesgruppe weggeputscht hat. Auch in Tirol, Kärnten und Niederösterreich wurden viele entfernt. Da gibt es große Unruhe. Es entsteht da eine eigene Gefälligkeitspartei: Jeder ist gut, der Strache in der Früh ein SMS schickt und ihm sagt, wie gut und fesch er ist. SN: Wie kann es sein, dass Sie sich auch in Strache, den Sie lang hoch gelobt haben, so getäuscht haben? Haben Sie eine so schlechte Menschenkenntnis? Ich habe davor schon vor der Gründung des BZÖ durch Jörg Haider gewarnt. Ich war immer der, der die Dinge vorausgesehen hat. Strache war die einzige junge Hoffnung als Parteichef, die wir damals hatten. Am Ende ging es aber darum, dass er beim Treffen in Saalfelden im Juni 2015 eine demokratische Abstimmung nicht akzeptieren konnte. Es ging um die Zukunft der Landespartei. Die Abstimmung ging 21 zu acht für uns aus. Dann zog er die vorgefertigten Ausschlusserklärungen heraus. Das war ein Putsch. Da ist ja der Erdoğan ein Waserl im Vergleich zu Strache. Strache könnte ich wegen seines Charakters gar nicht mehr wählen – auch nicht den Norbert Hofer. Wie soll so einer Bundespräsident werden, der dabei mitspielt, dass in der eigenen Partei nicht einmal
demokratische Grundregeln anerkannt werden? SN: Wählen Sie bei der Bundespräsidentenwahl also Alexander Van der Bellen? Ich glaube, dass Van der Bellen ein gescheiter Kopf ist. Aber ich könnte ihn politisch nicht wählen. Ich kann aber auch Hofer nicht wählen, weil ich weiß, wie er charakterlich gepolt ist. Bei der ersten Wahl bin ich also hingegangen, habe den Stimmzettel durchgestrichen und „reformieren“draufgeschrieben. Denn man sollte überdenken, ob dieses Amt noch zeitgemäß ist. SN:
Wissen Sie, wie viele Prozesse noch zwischen FPÖ und FPS anhängig sind? Es hat Wochen gegeben, da habe ich jeden Tag einen eingeschriebenen Brief vom Gericht bekommen. Persönlich habe ich bereits etwa 55.000 Euro deswegen gezahlt. Aber nach dem Rausschmiss müssen wir ja eine Partei haben, um politisch tätig sein zu können. Wir sind ja in den Landtag gewählt worden. SN:
Angeblich hat ja die FPÖ auch gedroht, Ihre neue Praxis zu pfänden? Ja, weil ich zum Spaß gesagt habe: „Bevor ich dem Strache einen Euro zahl, gehe ich lieber in den Häf’n.“Daraufhin hat ein Anwalt der FPÖ-Bundespartei meine Pfändung verlangt. Als ich das Schreiben bekommen habe, habe ich bei Gericht angerufen und klargestellt, dass ich alle Forderungen bezahlt habe. Es hat aber eine Ewigkeit gedauert, bis das Verfahren eingestellt wurde. Das war nicht so angenehm. Das hat auch meine Bank erfahren. Aber es hatte keine Folgen, weil mich die Leute hier kennen. SN: 1997 wurden Sie nach der „Datenklau-Affäre“als Landesrat abgewählt. Es ging um eine Postenschacherliste, die aus einem SPÖ-Computer stammte. Kränkt Sie das heute noch? Die „Datenklau-Affäre“war ja nur ein Vorwand. Der eigentliche Grund für die Abwahl war ja, dass der Schnell von der Regierungsbank aus Oppositionspolitik gemacht hat. Ich war unbequem, deswegen musste ich weg. Bei der „Datenklau-Affäre“wurden alle Vorwürfe vom Gericht geprüft. Es blieb nichts übrig. Denn die Liste war in einem Landescomputer gespeichert, den jeder benutzen durfte. Die SPÖ hat nur vergessen, den Ordner zu schließen. SN: Zur Tagespolitik: Was halten Sie vom Entwurf des Raumordnungsgesetzes, für das Sie einst als Landesrat selbst zuständig waren? Der Gesetzesentwurf löst keine Probleme. Der ist eine Frechheit! Warum genehmigt Frau Rössler eine Erweiterung der Skigebiete nach der anderen – wie in Zell am See und Saalbach oder nach Fieberbrunn hinüber? Die Gäste vermehren sich ja nicht. Die fallen ja nicht vom Himmel. Sie werden ja eher weniger. Besser wäre, die bestehenden Skigebiete qualitativ zu verbessern. Die Gäste kommen ja nicht nur wegen 400 Kilometern Pistenlänge. Und bei den Zweitwohnsitzen wäre die Lösung ganz einfach: Wir haben in Saalbach da ein Beispiel. Da soll ein Hotel gebaut werden – aber da ist in jedem Appartement eine Küche drinnen – und sie werden jetzt schon im Internet verkauft, noch bevor sie bewilligt oder gebaut sind. Das sind jetzt schon Beweise für Zweitwohnsitze. Die wären ganz einfach verhinderbar. Aber die Enteignung von Zweitwohnsitzen geht nicht. So hart wären nicht einmal die Kommunisten. Wie ich mein Geld anlege, muss meine Privatsache sein. SN: Was halten Sie von Landesrat Hans Mayrs Wohnbauförderungspolitik? Mayr meint es ja gut. Er ist aber für mich so ein Hans im Glück aus dem Märchen. Denn seine Berechnungen stimmen unter dem Strich nie – obwohl er ehemaliger Banker ist. Da müsste er eigentlich gut rechnen können. Er ist für mich ein typischer Schönwetterund Ankündigungspolitiker. SN: Werden Sie im Mai 2018 mit dann 64 Jahren als FPSSpitzenkandidat bei der Landtagswahl antreten? So Gott mir die Gesundheit schenkt: ja. Eigentlich wollten ja Rosemarie Blattl, Fritz Wiedermann und ich aufhören und an Markus Steiner (Landtagsabgeordneter, Anm.) übergeben. Ich habe aber viele Leute wie den Lukas Essl (Landtagsabgeordneter, Anm.), die gesagt haben: „Charly, lass uns jetzt nicht im Stich.“ SN: Die Salzburger FPÖ hat gute Umfragewerte, mit Marlene Svazek eine junge Spitzenkandidatin und ähnliche Themen wie die FPS. Wie wollen Sie da ein Debakel bei der Wahl 2018 verhindern? Die Umfragewerte der FPÖ stimmen ja nicht. Und das blaue Wählerpotenzial ist gleich groß wie das schwarze. Wenn es darauf ankommt, werden die Leute aber nicht Marlene Svazek wählen, sondern Karl Schnell. Denn viele wissen noch immer nicht, dass uns Heinz-Christian Strache weggeputscht hat.