Festspielgeschichte aus ferneren und näheren Zeiten
Der Jahrgang 2016 der „Salzburger Festspieldokumente“enthält umfangreiche, feine und rare Bild- und Tondokumente.
Mittlerweile gibt es sie seit einem Vierteljahrhundert. Als die Geschichte mit der klingenden Geschichte der Salzburger Festspiele begann, waren nicht nur die Archive prallvoll, sondern die Herausgabe von „Salzburger Festspieldokumenten“war eine Pioniertat. Herz und Seele des Unternehmens wurde Gottfried Kraus, der unermüdliche Schatzgräber, Historiograf und Restaurator, der alten Bändern zu neuem Glanz verhalf.
Die Zeiten haben sich geändert, und sukzessive verlagert sich das Gewicht der Publikationen von „Höhepunkten aus Oper, Theater und Konzert“vom Ton- zum Bilddokument. Angesammelt haben sich bis dato viele Hundert Dokumente, rund 440 Titel sind aktuell lieferbar.
Es stünde den Salzburger Festspielen nicht schlecht an, vielleicht wieder einmal ein bisschen mehr Wind um ihre mehr oder minder historischen Schätze zu machen. Eine schmale Broschüre nennt nun für den Jahrgang 2016 acht neue DVD- und sechs neue CD-Veröffentlichungen – in einem Jahr des Übergangs. Denn Gottfried Kraus, der sorgfältige Hüter, Bewahrer und Publizist der Reihe, der nie ein Hehl daraus gemacht hat, wie sehr ihm die Hördokumente am Herzen liegen, übergibt die Gesamtverantwortung ab nächstem Jahr seinem Kollegen, dem ehemaligen Musikchef des ORF Salzburg, Hannes Eichmann, der, in Abstimmung mit seinem „Ziehvater“, auch am aktuellen Jahrgang mitgearbeitet hat.
Während im Bereich der Bildmedien auf neueres Material zurückgegriffen wird, bewahren die CDs, gemäß dem Motto von Kraus: „Bewahrung des Unwiederholbaren“, signifikante Momente aus der früheren Geschichte der Salzburger Festspiele: den Auftritt des (heute hierzulande mehr legendären als präsenten) Juilliard String Quartet von 1965, einen singulären Liederabend von Jessye Norman, begleitet von James Levine, aus 1991, mit außergewöhnlichem Programm aus Liedern von Strauss, Tschaikowsky, Wagner und Schönberg (Brettl-Lieder) oder die so kostbare wie musikgeschichtlich instruktive Gesamtaufnahme von Ernst Kreneks Oper „Orpheus und Eurydike“, die 1990, zum 90. Geburtstag des österreichischen Komponisten, vital und packend an das expressionistische Werk des 23-Jährigen erinnerte.
Und dann ist da noch, erstmals offiziell im CD-Katalog, Nikolaus Harnoncourts Begegnung mit den Wiener Philharmonikern von 2003, mit Beethovens 1. und 7. Symphonie – und, bei erstaunlich moderaten, aber distinkten Tempi, ungewohnten Einsichten in Details, die gleichwohl aus der spezifischen Spielkultur des Traditionsorchesters Glaubwürdigkeit gewinnen.
Ein Dokument aus dem Mozarteum 2011, mit der kammermusikalischen Bearbeitung von Mahlers 4. Symphonie im Zentrum, ist noch nicht erschienen, die schon länger publizierte Schubert-BeethovenCD von Grigory Sokolov mit dessen kolossalem Programm von 2013 liefert bedeutsame „Geschichte“aus nicht weit zurückliegender Zeit.
Unter den DVD-Veröffentlichungen, die unter anderem alle Beethoven-Klaviersonaten offerieren, gespielt von Rudolf Buchbinder 2014 im Mozarteum, sticht eine Kassette „Modern Operas“heraus: mit Schrekers „Die Gezeichneten“(2005), Alban Bergs „Lulu“(2010) und Bernd Alois Zimmermanns „Soldaten“(2012): eine nicht unerhebliche „Schatztruhe“. Festspieldokumente