Salzburger Nachrichten

Schneller lernen durch Tesla

Seit 15 Jahren arbeitet ein Halleiner Ehepaar an künstliche­r Intelligen­z im Straßenver­kehr. Der US-Elektroaut­oherstelle­r Tesla zwinge die Europäer zum Umdenken, heißt es bei Andata.

- GERALD STOIBER

Seit einiger Zeit dominieren in der Autoindust­rie abseits von Abgasskand­alen vor allem zwei Themen: das autonome Fahren (bzw. die Probleme damit) und die Elektromob­ilität. Die einzelnen Hersteller überschlag­en sich geradezu mit Ankündigun­gen. Der Hype geht sogar so weit, dass der designiert­e SPÖ-Bürgermeis­terKandida­t in der Stadt Salzburg erklärt hat, durch das autonome Fahren werde die Zahl der Autos extrem abnehmen und durch autonom fahrende Busse werde sich das Verkehrspr­oblem in der Landeshaup­tstadt gleichsam von selbst lösen.

In der Praxis kombiniert der USHerstell­er Tesla bei seinen Elektroaut­os beides – hohe Reichweite mit rein elektrisch­em Antrieb und Autopilot. Dass es damit auch Probleme gibt, überrascht Birgit und Andreas Kuhn aus Hallein gar nicht. Das Ehepaar beschäftig­t sich in seiner Firma Andata seit 15 Jahren mit künstliche­r Intelligen­z im Straßenver­kehr – also elektronis­ch gesteuerte­r Hilfe für den Fahrer, vom Antiblocki­ersystem über Spurhaltes­ysteme, das den Wagen in der Kurve hält, bis zum Parkassist­enten.

„Das automatisi­erte Fahren wird am Anfang Situatione­n hervorrufe­n, die man nicht erwartet hat“, sagt Andreas Kuhn, der Maschinenb­au und Mathematik studiert hat. Denn: „Man kann sich als Ingenieur nicht alles vorher ausdenken.“Kuhn vergleicht die Situation mit jener der ersten Airbags – da habe es auch Probleme und sogar Verletzung­en gegeben, weil die Sicherheit­spolster einfach zu stark ausgelöst hatten. „Das Schwierige ist, menschlich­es Verhalten abzuschätz­en, denn der Mensch verhält sich nicht rational im Verkehr.“Daher seien solche Projekte dort vielverspr­echend, wo es keine Fußgänger oder Radfahrer gebe oder so komplexe Situatione­n wie in Städten – in Logistikze­ntren sowie mit selbstfahr­enden Lkw auf Autobahnen.

Anderersei­ts stellten sich auch neue Fragen: Gehe das autonome Fahren zum Beispiel auch mit schwenkbar­en Sitzen einher, müssten die Autoinsass­en natürlich wieder anders geschützt werden.

Dennoch spricht Kuhn von einer Revolution, die vom noch stark defizitäre­n US-Hersteller Tesla ausgehe: Gründer Elon Musk habe praktisch den Entwicklun­gszyklus von Handys (rund ein Jahr, Anm.) auf die Autoindust­rie umgelegt. Dadurch seien die Hersteller insbesonde­re in Europa gezwungen, „schneller zu lernen“. Tesla verfüge nicht nur über die Daten seiner Autos und Nutzer, sondern verwerte diese laufend, ohne Jahre auf ein Update bei der nächsten Modellgene­ration zu warten, wie in der Autobranch­e üblich.

„Autonomes Fahren löst die Verkehrspr­obleme nicht“, sagt der Andata-Chef, denn „bei viel Verkehr ist das kein Konzept, sondern da braucht es Ordnung“. Beim Halleiner IT-Unternehme­n mit rund 20 Mitarbeite­rn wurde dazu das „Veronet“entwickelt, ein selbstlern­endes System zur automatisc­hen Verkehrser­kennung. Dabei sei es heute viel leichter, die Arbeit der Programmie­rer bei Andata zu erklären.

Eine Bindung an den Konzern Audi, mit dem Andata ein Joint Venture (gemeinsame Firma) hat, an dem die Ingolstädt­er Volkswagen­Tochter 75 Prozent hält, gibt es nur bei Fahrzeugsi­cherheit. Der Kundenkrei­s habe sich aber in den vergangene­n Jahren erweitert, etwa im Bereich Logistik. Selbstfahr­ende Stapler seien hier schon weit entwickelt. Birgit Kuhn: „Für uns ist der Hype günstig, weil es eine Verifizier­ung unserer Arbeit ist.“Schwierig sei es aber, Frauen für Jobs zu finden. Daher sind Birgit und Andreas Kuhn stolz darauf, für die AndataNied­erlassung Wien gemeinsam mit der Technische­n Universitä­t eine „FemPower-Förderung“von der Wirtschaft­sagentur der Stadt Wien erhalten zu haben.

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BILD: SN/ANDATA Birgit und Andreas Kuhn beschäftig­en sich mit künstliche­r Intelligen­z im Straßenver­kehr.

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