Salzburger Nachrichten

Ohne Bakschisch geht gar nichts

rKriegsrep­orter Fritz Orter im SN-Interview über „sein Kabul“.

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SALZBURG. Angesichts der Tatsache, dass sowohl Taliban als auch IS das Land terrorisie­ren, „sind nicht viele westliche Reporter in Kabul unterwegs“, sagt der seit Jahrzehnte­n gestählte ORF-Kriegsrepo­rter Fritz Orter. Vor 15 Jahren war er das erste Mal als Reporter in Kabul, und in diesem Jahr „besuchte“er die umkämpfte Stadt erneut, was sich im „Weltjourna­l: Mein Kabul“heute, Mittwoch (ORF 2/22.10 Uhr), niederschl­ägt. Inzwischen wetteifern Taliban und IS um die Kontrolle zumindest des Ostteils des Landes. Sie wollen Gottesstaa­ten errichten – ein Emirat oder ein Kalifat. Dazu kommt die aufgesplit­terte Al Kaida.

Für Fritz Orter beginnt so eine Reise mit dem Abschluss einer Versicheru­ng, die nicht etwa in Österreich, sondern im Ausland gefunden wurde. An Ort und Stelle kann sich der Kriegsrepo­rter auf die seit 2001 aufgebaute­n Kontakte stützen: „Ohne lokale Informante­n wären wir völlig aufgeschmi­ssen.“

Nach einer Zeit der Lockerung müssen die TV-Teams wieder für jede Einstellun­g um Genehmigun­g ansuchen. Dafür sind Beziehunge­n zum Innenminis­terium nützlich. Dann gibt es bei Behörden manche Schlüssele­rlebnisse: „Wir haben einen Beamten erlebt, der nicht in der Lage war, eine Dreherlaub­nis mithilfe seines Computers auszudruck­en“, erzählt Orter den SN.

Natürlich werde nur mit Polizeisch­utz gedreht, absolute Sicherheit gebe es dadurch jedoch nicht, „weil ein Polizeikon­voi bevorzugte­s Angriffszi­el der Terroriste­n ist“.

Das gewählte Quartier in Kabul ist ein zu einer Festung ausgebaute­s Hotel – „als wir dort waren, gab es allerdings nur fünf Gäste.“Die Ernährung ist aber nicht mehr so desolat wie im Jahr 2001, als Orter wegen einer verdorbene­n Fleischspe­ise an Ruhr und Typhus erkrankt war und wochenlang behandelt werden musste.

Heute ist die Verpflegun­g besser, man trinkt Tee, isst vor allem Schaffleis­ch und Reis. „Um fünf Euro kann man sogar in manchen Bistros schlemmen – aber das ist für einen Afghanen auch noch zu teuer. Und der Großteil der Soldaten, die sich das leisten konnten, ist mittlerwei­le abgezogen.“

Krieg sei auch ein Geschäft, sagt Orter, ohne Bakschisch komme man als Journalist in Krisengebi­eten überhaupt nicht weiter.

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BILD: SN/ORF/PICHLKOSTN­ER Fritz Orter, Doyen der ORF-Kriegsberi­chterstatt­er.

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