Die Politik verhindert eine Erdbebenversicherung in Österreich
Vor Naturkatastrophen fürchtet man sich nur wegen des Klimawandels. Umfassende Vorsorge wird nicht betrieben.
In Österreich gibt es keine Erdbebenversicherung. Dies ist erstaunlich, da der Großteil der Vermögen in Immobilien besteht. Sorglos wird zur Kenntnis genommen, dass bei einem Erdbeben Häuser und Wohnungen verloren gehen, ohne dass ein Ersatz finanziert werden kann. Dabei sind die Erdbeben in Italien nur einige Hundert Kilometer entfernt. Und die afrikanische Platte drückt genau in Richtung Österreich. Im Inntal ist das, erfreulicherweise bislang nur leicht, aber doch zu spüren. Und zwar beinahe täglich. Auch an der Thermenlinie, die sich von Wien nach Süden erstreckt, warnt die Erde, und niemand reagiert.
Eine Erdbebenversicherung ist nur möglich als Pflichtversicherung für alle Häuser. Ohne diesen Zwang wollen naturgemäß nur Bewohner der offenkundig gefährdeten Zonen eine Versicherung abschließen, und diese muss unweigerlich extrem teuer sein, da die Wahrscheinlichkeit eines Schadenfalls besonders groß ist. Genauso wie eine Hochwasserversicherung nur Anrainer von Flüssen beschäftigt und auf den Bergen sich niemand für dieses Thema interessiert. Weswegen es auch keine Hochwasserversicherung in Österreich gibt.
Das Problem wäre zu lösen, wenn bei allen Häusern eine Naturkatastrophenversicherung bestünde, die umfassend bei Erdbeben und Hochwasser wie auch bei sonstigen Naturkatastrophen zahlt. Dann ergäbe sich eine große Gemeinschaft von Versicherten und die Prämien wären für alle erträglich. Naheliegend erscheint eine Koppelung mit der Feuerversicherung, wobei eine Besonderheit zu beachten ist. Die Feuerversicherung ist keine Pflichtversicherung und so gibt es Häuser, wenn auch nur wenige, die nicht gegen Feuer versichert sind. Auch hier wäre ein Obligatorium sinnvoll.
Hierfür ist allerdings eine gesetzliche Regelung erforderlich. Dazu ist aber die Politik nicht bereit. Wenn man die Regulierungswut der Staatenlenker betrachtet, ist die Weigerung nicht verständlich. Böse Zungen formulieren eine Vermutung: Die Politiker denken nicht an die Möglichkeit eines Erdbebens, sehen aber in einem Hochwasser eine willkommene Gelegenheit, um Volksnähe zu demonstrieren und Hilfe zu versprechen. Diese telegenen Auftritte wären bei einem aufrechten Versicherungsschutz hinfällig.
Eine Rolle spielt auch die Überlegung, dass die Häuser in Österreich doch stabiler gebaut sind als in den italienischen Dörfern und ein Erdbeben keine größeren Schäden anrichten würde. Sachverständige haben berechnet, wie hoch der Schaden in Wien bei einem Beben wäre, das dem Beben in Friaul im Jahr 1976 entspräche. Die Summe bewegt sich in der Größenordnung von 10 Milliarden Euro. Ob diese Summe mit Volksnähe zu finanzieren ist?