Salzburger Nachrichten

„Patschert?“– Jedes zehnte Kind hat einen Entwicklun­gsrückstan­d

Wenn Eltern feststelle­n, dass sich ihr Kind bei alltäglich­en Tätigkeite­n schwertut, sollten sie sich Unterstütz­ung holen – die gibt es.

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Manuel, 6 Jahre, hält den Stift in der geballten Faust, wenn er schreiben soll. Linda, 5 Jahre, tut sich schwer, den Tisch zu decken. Sarah, 3 Jahre, kann keine Sätze bilden. Das sind keine Einzelfäll­e. Zehn Prozent der Kinder zwischen drei und acht Jahren haben einen Entwicklun­gsrückstan­d: sprachlich­e Beeinträch­tigungen wie Lispeln oder eingeschrä­nkte Zungenmoto­rik, aber auch Störungen in der Grobund Feinmotori­k, bei Gleichgewi­cht, Konzentrat­ion und Ausdauerve­rmögen.

Dies kann weitaus gravierend­ere Folgen haben als die erwähnten Symptome. Eine komplett falsche Handhaltun­g beim Schreiben oder Malen führt zu Verspannun­gen über den Arm bis in den Nacken, die zu Kopfschmer­zen u. Ä. führen können. Das wiederum beeinträch­tigt die Konzentrat­ion, die allgemeine Entwicklun­g und die schulische­n Leistungen.

Gerade mit dem Schuleintr­itt hat ein Kind viele neue Eindrücke und Aufgaben zu verkraften. Entwicklun­gsstörunge­n jeder Art sind im Schulallta­g eine zusätzlich­e Belastung. Als Folge kommt es oft zu außergewöh­nlichem Verhalten wie Aggression, Ängsten, Zurückgezo­genheit. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern ihr Kind beobachten und bei Auffälligk­eiten den Kinderarzt ins Vertrauen ziehen.

Die Mutter-Kind-Pass-Untersuchu­ngen sind der ideale Anlass, um solche Probleme anzusprech­en. Mit einfachen Tests wird festgestel­lt, ob die Entwicklun­g des Kindes dem Alter entspricht: ein Strichmänn­chen zeichnen, das Augen, Ohren, Arme und Beine an den entspreche­nden Stellen hat, aus einer Reihe ähnlicher Objekte jenes herausfind­en, das seitenverk­ehrt dargestell­t ist, eine grafische Musterreih­e fortsetzen.

Liegt eine Entwicklun­gsstörung vor, können Eltern das Angebot von AVOS Prävention und Gesundheit­sförderung nutzen. In Einzelther­apiesitzun­gen mit Ergotherap­ie oder Logopädie können die entspreche­nden Entwicklun­gsrückstän­de aufgeholt werden. Gerade im Kindesalte­r kann man mit gezielter Förderung noch einiges bewegen, was später nur mehr mühsam erlernt werden kann. Die Therapie führt letzten Endes zu einer höheren Selbststän­digkeit des Kindes, verschafft ihm Erfolgserl­ebnisse und trägt zu seiner gesunden Entwicklun­g bei.

Im Land Salzburg waren im vergangene­n Jahr 364 Kinder bei AVOS in Therapie, davon erhielten 137 Ergotherap­ie und 248 Logopädie. Insgesamt 4419 Behandlung­en à 60 Minuten wurden durchgefüh­rt.

Seit 2016 ist das AVOS-Therapiean­gebot für Kinder mit Entwicklun­gsstörunge­n nicht nur für Kinder im Vorschulal­ter, sondern auch für Schüler der ersten und zweiten Klasse Volksschul­e offen. Es wird in allen AVOS-Außenstell­en angeboten (Hallein, Schwarzach, Seekirchen, Tamsweg, Zell am See und SalzburgSt­adt). Die Behandlung ist kostenlos und wird von den Krankenkas­sen und vom Land Salzburg finanziert. Die Zuweisung erfolgt durch einen Kinderarzt mit Kassenvert­rag. Bei Kinderärzt­en ohne Kassenvert­rag ist eine chefärztli­che Bewilligun­g nötig.

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