Wer die Lehrer aussuchen soll
Die Regierung will den Direktoren freie Hand bei der Lehrerauswahl geben. Das wird nicht ganz leicht durchzuführen sein, warnen Praktiker.
WIEN. Als Absichtserklärung liest es sich einfach und einleuchtend: „Die Lehrerauswahl erfolgt zukünftig durch die Schulleitung.“Das hat sich die Regierung vor einem Jahr im Rahmen ihrer großen Bildungsreform-Ankündigung vorgenommen. Die Schuldirektoren sollen ihr Lehrpersonal nicht mehr von den Landesschulbehörden zugeteilt bekommen, sondern sich die Lehrer selbst aussuchen können. Das soll für mehr Autonomie und Schwerpunktbildung der Schulen sorgen.
Von Seite der Praktiker kommen allerdings Bedenken. Die Landesschulratspräsidenten der ÖVP-geführten Bundesländer halten das Modell nicht für praxistauglich. Erstens könnten Schulen an wenig attraktiven Standorten, etwa in entlegenen Tälern, Probleme bekommen, Lehrer zu finden. Und zweitens könnte es schwierig werden, bei kurzfristigen Schwankungen der Schülerzahlen im Herbst innerhalb sehr kurzer Zeit sehr viele Lehrer anzustellen, warnen die Landesschulratspräsidenten.
Die Regierung hält diese Bedenken nicht für stichhaltig. Den Schuldirektoren sei zuzutrauen, die neue Aufgabe zu bewältigen, sagt Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmied (SPÖ). Und auch ÖVPGeneralsekretär Werner Amon, früher Bildungssprecher seiner Partei, weist die Einwände der eigenen Parteifreunde als „schon sehr detailverliebt“zurück.
Die Industriellenvereinigung wirft den Landesschulratspräsidenten sogar vor, die Neuordnung der Lehrerauswahl „aus parteipolitischem und landespolitischem Kalkül“zu hintertreiben.
Doch auch der Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft, Paul Kimberger, mahnt dazu, auf die Details zu achten: Bei allem Bekenntnis zu mehr Schulautonomie werde es nicht funktionieren, wenn sich im Herbst „alle 5700 Schulstandorte auf den Lehrerarbeitsmarkt begeben“, sagt er. Auch er ortet ein Zeitproblem zu Schulbeginn, wenn sich auf Grund der Teilungsziffern die Zahl der Schulklassen oft sehr kurzfristig erhöht. „Dann brauchen die Schulen sehr rasch Lehrer“, sagt Kimberger. Allein in Oberösterreich seien in den wenigen Wochen seit Schulbeginn 400 neue Lehrer angestellt worden. Dafür brauche es eine Struktur, das könne man nicht den einzelnen Direktoren überlassen. „Dann beginnt die Schule erst im Dezember“, warnt Kimberger.
Außerdem müsse sichergestellt werden, dass bei der autonomen Lehrerauswahl eine gleichmäßige pädagogische Versorgung auch in Randgebieten sichergestellt sei, sagt der Lehrergewerkschafter. Und schließlich müsse man darauf achten, dass es zu keiner willkürlichen Postenvergabe komme.
Auf diese beiden Punkte weist auch der grüne Bildungssprecher Harald Walser hin. Er warnt vor einer „marktwirtschaftlichen Selbstregulations-Romantik“im Schulwesen. Im geplanten Wettlauf um geeignete Lehrkräfte wären Schulen an entlegenen Standorten und an sozialen Brennpunkten benachteiligt, obwohl gerade diese Schulen die besten Lehrer bräuchten. Auch dürften Transparenz und Objektivierung der Postenvergabe nicht unter die Räder kommen, sagt der grüne Abgeordnete. Die Regierung möchte jedenfalls bis Dezember ihr Modell für Schulautonomie und dezentrale Lehrerbestellung unter Dach und Fach bringen.
Salzburgs LH Wilfried Haslauer (ÖVP) weist in diesem Zusammenhang auf ein Modell hin, mit dem das Land seit 2013 die Lehrerauswahl für Schulen, für die es zuständig ist, dezentralisiert hat. Im Internet wurde eine Art Jobbörse geschaffen, wo sich Lehrer über freie Stellen und Schulen über zur Verfügung stehende Lehrer informieren können. Die Schulen können dann Lehrer ansprechen und direkt am Schulstandort ein Anstellungsgespräch führen.
Laut Haslauer erfolgen 60 Prozent der Postenbesetzungen an Salzburgs Schulen auf diese dezentrale Art. In den übrigen Fällen werden die Lehrer auf Wunsch der Schule von der Schulbehörde zugeteilt. Ein ähnliches Modell gibt es in Oberösterreich. Nun wird aber eine bundesweite Lösung angestrebt.
„Dann beginnt die Schule erst im Dezember.“