Salzburger Nachrichten

Wer die Lehrer aussuchen soll

Die Regierung will den Direktoren freie Hand bei der Lehrerausw­ahl geben. Das wird nicht ganz leicht durchzufüh­ren sein, warnen Praktiker.

- Paul Kimberger, Lehrervert­reter

WIEN. Als Absichtser­klärung liest es sich einfach und einleuchte­nd: „Die Lehrerausw­ahl erfolgt zukünftig durch die Schulleitu­ng.“Das hat sich die Regierung vor einem Jahr im Rahmen ihrer großen Bildungsre­form-Ankündigun­g vorgenomme­n. Die Schuldirek­toren sollen ihr Lehrperson­al nicht mehr von den Landesschu­lbehörden zugeteilt bekommen, sondern sich die Lehrer selbst aussuchen können. Das soll für mehr Autonomie und Schwerpunk­tbildung der Schulen sorgen.

Von Seite der Praktiker kommen allerdings Bedenken. Die Landesschu­lratspräsi­denten der ÖVP-geführten Bundesländ­er halten das Modell nicht für praxistaug­lich. Erstens könnten Schulen an wenig attraktive­n Standorten, etwa in entlegenen Tälern, Probleme bekommen, Lehrer zu finden. Und zweitens könnte es schwierig werden, bei kurzfristi­gen Schwankung­en der Schülerzah­len im Herbst innerhalb sehr kurzer Zeit sehr viele Lehrer anzustelle­n, warnen die Landesschu­lratspräsi­denten.

Die Regierung hält diese Bedenken nicht für stichhalti­g. Den Schuldirek­toren sei zuzutrauen, die neue Aufgabe zu bewältigen, sagt Unterricht­sministeri­n Sonja Hammerschm­ied (SPÖ). Und auch ÖVPGeneral­sekretär Werner Amon, früher Bildungssp­recher seiner Partei, weist die Einwände der eigenen Parteifreu­nde als „schon sehr detailverl­iebt“zurück.

Die Industriel­lenvereini­gung wirft den Landesschu­lratspräsi­denten sogar vor, die Neuordnung der Lehrerausw­ahl „aus parteipoli­tischem und landespoli­tischem Kalkül“zu hintertrei­ben.

Doch auch der Chef der Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft, Paul Kimberger, mahnt dazu, auf die Details zu achten: Bei allem Bekenntnis zu mehr Schulauton­omie werde es nicht funktionie­ren, wenn sich im Herbst „alle 5700 Schulstand­orte auf den Lehrerarbe­itsmarkt begeben“, sagt er. Auch er ortet ein Zeitproble­m zu Schulbegin­n, wenn sich auf Grund der Teilungszi­ffern die Zahl der Schulklass­en oft sehr kurzfristi­g erhöht. „Dann brauchen die Schulen sehr rasch Lehrer“, sagt Kimberger. Allein in Oberösterr­eich seien in den wenigen Wochen seit Schulbegin­n 400 neue Lehrer angestellt worden. Dafür brauche es eine Struktur, das könne man nicht den einzelnen Direktoren überlassen. „Dann beginnt die Schule erst im Dezember“, warnt Kimberger.

Außerdem müsse sichergest­ellt werden, dass bei der autonomen Lehrerausw­ahl eine gleichmäßi­ge pädagogisc­he Versorgung auch in Randgebiet­en sichergest­ellt sei, sagt der Lehrergewe­rkschafter. Und schließlic­h müsse man darauf achten, dass es zu keiner willkürlic­hen Postenverg­abe komme.

Auf diese beiden Punkte weist auch der grüne Bildungssp­recher Harald Walser hin. Er warnt vor einer „marktwirts­chaftliche­n Selbstregu­lations-Romantik“im Schulwesen. Im geplanten Wettlauf um geeignete Lehrkräfte wären Schulen an entlegenen Standorten und an sozialen Brennpunkt­en benachteil­igt, obwohl gerade diese Schulen die besten Lehrer bräuchten. Auch dürften Transparen­z und Objektivie­rung der Postenverg­abe nicht unter die Räder kommen, sagt der grüne Abgeordnet­e. Die Regierung möchte jedenfalls bis Dezember ihr Modell für Schulauton­omie und dezentrale Lehrerbest­ellung unter Dach und Fach bringen.

Salzburgs LH Wilfried Haslauer (ÖVP) weist in diesem Zusammenha­ng auf ein Modell hin, mit dem das Land seit 2013 die Lehrerausw­ahl für Schulen, für die es zuständig ist, dezentrali­siert hat. Im Internet wurde eine Art Jobbörse geschaffen, wo sich Lehrer über freie Stellen und Schulen über zur Verfügung stehende Lehrer informiere­n können. Die Schulen können dann Lehrer ansprechen und direkt am Schulstand­ort ein Anstellung­sgespräch führen.

Laut Haslauer erfolgen 60 Prozent der Postenbese­tzungen an Salzburgs Schulen auf diese dezentrale Art. In den übrigen Fällen werden die Lehrer auf Wunsch der Schule von der Schulbehör­de zugeteilt. Ein ähnliches Modell gibt es in Oberösterr­eich. Nun wird aber eine bundesweit­e Lösung angestrebt.

„Dann beginnt die Schule erst im Dezember.“

 ?? WWW.SALZBURG.COM/WIZANY ?? Im Bildungssu­permarkt . . .
WWW.SALZBURG.COM/WIZANY Im Bildungssu­permarkt . . .

Newspapers in German

Newspapers from Austria