Vernebelte Verantwortlichkeiten
Wohin das Steuergeld fließt, weiß niemand so genau. Zu kompliziert sind die Beziehungen zwischen Bund und Ländern.
Wenn über Steuerbelastung oder Geldverschwendung geklagt wird, dann wird das meist mit einer Person in Verbindung gebracht: dem Finanzminister. Dabei tut man ihm oft Unrecht. Denn Österreich ist so organisiert, dass sein Einfluss begrenzt ist; ja, die Verantwortlichkeiten sind auf so viele Köpfe aufgeteilt, dass sie sich gewissermaßen auflösen.
Zum Ausdruck kommt dies im Finanzausgleich: Von den Steuereinnahmen, die der Finanzminister verbucht, muss er ein Drittel an Länder und Gemeinden überweisen. Von den 52 Milliarden Euro beispielsweise, die in den ersten acht Monaten dieses Jahres durch Umsatz-, Lohn- und andere Steuern zusammengekommen sind, waren dies immerhin 17 Milliarden Euro. Abgesehen davon musste der Minister noch Zuschüsse, Kostenersätze und Bedarfszuweisungen in großer Zahl weiterleiten.
Der Überblick geht bei alledem naturgemäß verloren: Wofür Steuergeld verwendet wird, ist oft nicht mehr zu sagen. Der Rechnungshof hat beispielsweise einmal versucht zu ermitteln, wie viele familienbezogene Leistungen in Kärnten, Oberösterreich und Salzburg gewährt werden; er ist auf 117 gekommen. Wobei sowohl der Bund als auch die drei Länder etwa mit der Förderung von Schulveranstaltungen befasst waren. Und wenn schon von Schulen die Rede ist: Die Länder beschäftigen die Pflichtschullehrer, zahlen „darf“sie der Bund, ohne aber nähere Informationen über die genaueren Umstände zu erhalten, geschweige denn mitbestimmen zu können.
Die Aussicht auf eine Besserung ist schlecht. Die laufenden Verhandlungen über den künftigen Finanzausgleich böten eine Gelegenheit dazu. Genützt werden dürfte sie kaum. Möglich wäre beispielsweise eine echte Steuerhoheit für Länder und Gemeinden; sie könnten sich selbst um ihre Einnahmen kümmern. Davon wollen vor allem aber die Vertreter der wirtschaftlich schwächeren Länder nichts wissen; sie kämen zu weniger Geld. Möglich wäre abgesehen davon eine Aufgabenorientierung: Vom Bund überwiesen würden Steuermittel folglich nicht mehr nur für Unbestimmtes, sondern etwa den ziemlich genau bezifferbaren Bedarf für die Kinderbetreuung. Vorgaben dazu stoßen jedoch auf Ländervorbehalte.
Was insofern nicht verwunderlich ist, als sie größtmögliche Freiheiten gewohnt sind. So hat ihnen der damalige Finanzminister Wilhelm Molterer 2007 zugestanden, dass sie den Wohnbauförderungsbeitrag nicht mehr zweckgebunden einsetzen müssen; das Ergebnis ist, dass dieser Beitrag zwar nach wie vor allmonatlich mit der Sozialversicherung vom Einkommen abgezogen wird, aber von den Ländern für alles Mögliche verwendet werden kann – nicht nur den Wohnbau. WWW.DIESUBSTANZ.AT