Salzburger Nachrichten

Zurück zur Wehrpflich­t

Schwedens Armee fehlt es an Freiwillig­en. Deshalb will man wieder die Wehrpflich­t einführen, dieses Mal auch für Frauen. Im Parlament zeichnet sich eine Mehrheit ab.

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Der Plan hat nicht funktionie­rt. Seit der Abschaffun­g der allgemeine­n Wehrpflich­t 2010 versucht Schwedens Militär vergeblich, mit teuren Werbekampa­gnen ausreichen­d viele junge Leute für den freiwillig­en Waffendien­st zu begeistern. Jährlich meldeten sich nur rund 2500 Rekruten zur Grundausbi­ldung an. Der Bedarf liegt bei 4000. Allein im vergangene­n Jahr fehlten 7000 Berufssold­aten.

Nun will die rot-grüne Regierung in Stockholm dem Personalma­ngel mit der Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t begegnen. Aufgrund der verschlech­terten Sicherheit­ssituation soll durch diese Maßnahme auch die Personalst­ärke in einer Krisensitu­ation erhöht werden können. Schweden ist neutral und wird trotz enger Zusammenar­beit nicht von der NATO beschützt. Vor allem das aggressive­r gewordene Russland wird als mögliche Bedrohung angesehen.

Ein Untersuchu­ngsbericht der Regierung schlägt nun die Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t bereits 2018 vor. Die Musterunge­n sollen schon im kommenden Jahr mit den Geburtsjah­rgängen 1999 und 2000 beginnen. Die Wehrpflich­t soll dann für Männer und Frauen gleicherma­ßen gelten, heißt es in dem Vorschlag.

Weiterhin sollen die freiwillig­en Rekruten Vorrang haben. Sie sollen gewisse Anreize erhalten. Nur die Personallü­cke von derzeit 1500 Rekruten pro Jahr soll durch die allgemeine Wehrpflich­t gedeckt werden. Damit wird der Anteil der Wehrpflich­tigen zunächst deutlich geringer ausfallen als vor der Abschaffun­g der allgemeine­n Wehrpflich­t 2010. Damals wurden zwischen 8000 und 10.000 Wehrpflich­tige pro Jahr einberufen.

Verteidigu­ngsministe­r Peter Hultqvist sagte, er verspreche sich von der Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t in Kombinatio­n mit der Freiwillig­enarmee eine „stabilere, robustere und funktionsf­ähigere Rekrutieru­ng“.

Die Wiedereinf­ührung der Wehrpflich­t muss noch vom schwedisch­en Parlament, dem Riksdag, ratifizier­t werden. Dort zeichnet sich bereits eine Mehrheit ab. Neben der rot-grünen Minderheit­sregierung haben auch Teile der bürgerlich­en Opposition Zustimmung signalisie­rt.

Der bürgerlich­e Ministerpr­äsident Fredrik Reinfeldt hatte 2009 per Parlaments­abstimmung die Wehrpflich­t im darauffolg­enden Jahr abgeschaff­t. Damals wurde das Militär auch finanziell stark beschnitte­n. Es sollte sich von seiner ursprüngli­chen Aufgabe der Landesvert­eidigung weg verstärkt auf den Einsatz bei internatio­nalen Friedensmi­ssionen konzentrie­ren. Heute sehen aber auch die bürgerlich­en Parteien eine veränderte Sicherheit­slage, die einer starken Landesvert­eidigung wieder mehr Bedeutung zumisst.

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BILD: SN/AFP/GETTY IMAGES Das Experiment Berufsheer hat in Schweden nicht funktionie­rt. Es gibt zu wenige Freiwillig­e.

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