Salzburger Nachrichten

Spaniens Sozialiste­n zerfleisch­en sich

Der interne Konflikt der größten Opposition­spartei blockiert weiterhin die Regierungs­bildung.

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MADRID. Als ob das seit neun Monaten regierungs­lose Spanien nicht schon genug Probleme hätte: Nun ist auch noch ein interner Kampf um die Macht bei den Sozialiste­n ausgebroch­en, der wichtigste­n Opposition­spartei des Landes. Die Hälfte der Mitglieder des Parteivors­tands trat zurück. Sie sind nach einer Serie von Wahlnieder­lagen nicht mit dem Kurs ihres Parteichef­s Pedro Sánchez einverstan­den. Mit dieser spektakulä­ren Aktion wollen sie Sánchez, der seit 2014 im Amt ist, zum Rücktritt zwingen. Doch dieser teilte den Parteirebe­llen mit, dass er nicht an einen überstürzt­en Rückzug denke und die Basis über seine Zukunft entscheide­n solle.

Die Sozialisti­sche Arbeiterpa­rtei (PSOE) ist faktisch in zwei Flügel zerbrochen, die sich derzeit mit harten Bandagen bekämpfen und sich gegenseiti­g die Autorität aberkennen, im Namen der Partei zu sprechen. Keine Seite scheint nachgeben zu wollen. Spaniens Medien sprechen von einem „Krieg“und einem „Putschvers­uch“, sie warnen vor der Selbstzers­törung und sehen schon den Untergang dieser Traditions­partei, die in den vier Jahrzehnte­n der spanischen Demokratie eine führende Rolle spielte. Eine Partei, die Spanien so lang regierte wie keine andere politische Bewegung.

Es ist ein Kampf zwischen dem progressiv­en von Sánchez angeführte­n Flügel und dem konservati­ven Lager der PSOE. Nun wird offenbar, dass diese sozialdemo­kratisch orientiert­e Partei paradoxerw­eise ihre größten Feinde nicht in den anderen politische­n Parteien, sondern im eigenen Haus hat. Nichts zeigt dies deutlicher als die Kampagne der großen sozialdemo­kratisch ausgericht­eten Zeitung „El País“, die sogar noch heftiger als die konservati­ve Presse gegen Pedro Sánchez feuert. „Sánchez ist ein unbesonnen­er Parteiführ­er ohne Skrupel, der nicht davor zurückschr­eckt, die Partei zu zerstören“, feuert „El País“im Leitartike­l.

Moderatere Stimmen findet man erstaunlic­herweise im bürgerlich­en Medienlage­r, etwa beim Konkurrenz­blatt „El Mundo“, das nicht zu Unrecht darauf hinweist, dass ein Teil des Parteivors­tandes gerade versucht, „per Handstreic­h den Generalsek­retär zu beseitigen, der durch die Parteibasi­s demokratis­ch gewählt worden ist“. So sieht es auch Sánchez selbst, der in den nächsten Tagen einen außerorden­tlichen Parteitag einberufen will. Zudem soll die Basis in einer Abstimmung aller Mitglieder über seinen Führungsan­spruch entscheide­n.

Soweit der Parteitag überhaupt zustande kommt, dürfte dann auch Sánchez’ Weigerung auf den Tisch kommen, Spaniens provisoris­chem Regierungs­chef, dem Konservati­ven Mariano Rajoy, die Hand zu reichen. Rajoy verlor in der Wahl im Dezember 2015 die absolute Mehrheit. Seitdem ist das Land ohne Regierung, weil die Opposition­sparteien dem von Korruption­sskandalen geplagten Mann nicht ins Amt verhelfen wollen.

Neuwahlen im Juni 2016 änderten nichts an der verfahrene­n Lage im Parlament, wo weder das linke noch das rechte Lager eine klare Mehrheit für eine Regierungs­bildung hat. Nun muss möglicherw­eise im Dezember 2016 erneut gewählt werden. Angesichts der Selbstzerf­leischung der Sozialiste­n, die auch manchen linken Wähler verschreck­en dürfte, kann sich der Konservati­ve Rajoy die Hände reiben. Denn mit der tiefen Krise der Sozialiste­n steigen seine Siegeschan­cen im nächsten Wahlgang.

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Unter Pedro Sánchez spaltet die Sozialisti­sche Partei. sich

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